Gesundheitsminister Jens Spahn möchte die Notfallambulanzen der Krankenhäuser, die Rettungsdienste und die Bereitschaftsdienste der Ärzte besser verzahnen, um Wartezeiten in der Versorgung zu verkürzen, sich dem verändernden Inanspruchnahmeverhalten von Patienten und Patientinnen optimaler anzupassen und den Bedarf damit besser zu lenken. Er hat daher Anfang des Jahres den Referentenentwurf zur Reform der Notfallversorgung vorgelegt. Das Gesetz solle bis Ende 2020 verabschiedet werden. Die Frist von 18 Monaten für die Umsetzung beginnt dann mit der Verkündung des Gesetzes.
Die gemeinsamen Notfallleitsysteme (GNL), rund um die Uhr erreichbar unter 112 (Verantwortung Rettungsleitstellen) oder 116117 (Verantwortung bei den Kassenärztlichen Vereinigungen - KVen), sollen gefördert werden. Den GNLs käme eine „zentrale telefonische Lotsenfunktion“ zu, die „Leistungen der medizinischen Notfallrettung, Krankentransporte und eine telemedizinische oder aufsuchende notdienstliche Versorgung“ vermitteln sollen. Die Finanzierung solle durch die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) gefördert werden.
Es sollen integrierte Notfallzentren (INZ) in ausgewählten (zentralen) Krankenhäusern eingerichtet werden, die rund um die Uhr als erste Anlaufstellen für die Notfallversorgung dienen sollen. Die Patienten und Patientinnen sollen mit einer „qualifizierten, standardisierten Ersteinschätzung“ in die ambulante oder stationäre Versorgung, inklusive ambulante notdienstlicher Versorgung, falls erforderlich, gelenkt werden. Hiermit sollen die Notdienste der KVen und die Notfallambulanzen in den Krankenhäusern zusammengeführt werden. Ein „gemeinsamer Tresen“ der KVen und der Krankenhäuser wird im aktuellen Entwurf nicht mehr erwähnt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) solle entscheiden, welchen Umfang die dort zu leistende notdienstliche Versorgung haben wird, wie die Ausstattung (Personal und Apparate) und das Verfahren der Ersteinschätzung gestaltet werden solle. Auch, wo die INZs entstehen, solle durch den G-BA auf Landesebene unter Berücksichtigung der Planungsvorgaben festgelegt werden. Die Finanzierung erfolge außerhalb des Budgets der KVen.
Es sollen ferner die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass medizinische Versorgung am Notfallort und Rettungsfahrten künftig als eigenständige Leistungen der GKV anerkannt werden, womit einer langjährigen Forderung der Länder nachgekommen werde. Die Finanzierung würden die zuständigen Landesbehörden oder die Rettungsdienstträger mit den Krankenkassen vereinbaren.
Die „ÄrzteZeitung“ schreibt hierzu: „Die niedergelassenen Ärzte behalten den Hut auf.“ Sie würden den Sicherstellungsauftrag behalten, auch wenn die ambulante Versorgung räumlich auf die vom G-BA ausgewählten Standorten von Krankenhäusern verlegt werde. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sehe in dem jetzigen Entwurf, dessen Vorgänger im Sommer 2019 noch viel Kritik einsteckte und daraufhin massiv angepasst wurde, „viele richtige Schritte hin zu einer zukunftsfähigen Notfallversorgung“.
Kritik am Gesetzesentwurf gebe es laut „ÄrzteZeitung“ dennoch, und zwar durch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die von einem „Affront“ und „krankenhausdiskriminierende Logik“ spreche. Sie beklage, dass Häuser ohne INZ, die ebenfalls Notfallpatientinnen und -patienten versorgen, Honorarabschläge von 50 Prozent hinnehmen müssten, an diesen Häusern betriebene Portalpraxen jedoch nicht. Auch der „gemeinsame Tresen“ werde durch die Vertretung der Krankenkassen im Entwurf vermisst, so die „ÄrzteZeitung“.
Julia Zick