Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Dialog zur Weiterentwicklung der Hilfen für psychisch erkrankte Menschen: Besondere Behandlungsbedarfe

Bericht vom vorbereitenden Treffen am 03.09.2020

Erneut war das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in Kooperation mit der Aktion Psychisch Kranke e. V. (APK) am 02.09.2020 Gastgeber im Rahmen des Dialogs zur Weiterent­wicklung der Hilfen für psychisch erkrankte Menschen. Aufgrund der Corona-Pandemie fand das Treffen dieses Mal allerdings in verkürzter Form virtuell statt. Es nahmen rund 50 Personen von verschiedenen Verbänden und Organisationen teil.
Die Dialoggruppe selbst besteht aus 30 ständigen Mitgliedern, die vom BMG berufen wurden und sich das nächste Mal am 22.09.2020 treffen. Verbände können und sollen zu den jeweiligen Themen im Vorfeld Stellungnahmen einreichen, Fachleute werden einbezogen. Ein Bericht mit konkreten Handlungsvorschläge wird angefertigt, angestrebt ist der Abschluss des Dialogprozesses im Sommer 2021.

Das Schwerpunktthema des aktuellen Dialoges sind besondere Behandlungsbedarfe sowie der daraus resultierende gesetzliche Handlungsbedarf. Darunter wurden explizit aufgeführt: alte Menschen / Menschen mit Pflegebedarf, psychosomatisch Erkrankte, Kinder und Jugendliche, Menschen mit geistigen Behinderungen, Menschen mit psychischen und körperlichen Erkrankungen, Menschen mit selbstschädigendem Verhalten, psychisch Erkrankte mit pflege­bedürftigen Angehörigen und psychiatrische Erstbehandlung.

Ulrich Krüger von der Geschäftsstelle der Aktion Psychische Kranke (APK) begrüßte die Teil­neh­menden und übergab dann das Wort an Dr. Thomas Stracke von Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Dieser betonte, dass dieser Dialog unter Federführung des BMG stattfinde und dass das Treffen mit den Verbänden ein wichtiger Baustein sei. Prof. Peter Brieger, stellvertretender Vorsitzender der APK führte ins Thema ein und eröffnete die Diskussion. Verschiedene Vertreterinnen und Vertreter von Fach- und Wohlfahrtsverbänden erklärten die Bedarfe im stationären, institutionalisierten und ambulanten Kontext. Deutlich wurde dabei, dass die besonderen Bedarfe häufig gar nicht aus der Erkrankung selbst heraus entstünden, sondern aus Kontextvariablen (Versorgung eines Säuglings, Wohnungslosigkeit etc.). Außerdem sprachen sich verschiedene Personen, auch Johanna Thünker für den VPP dafür aus, dass nicht jeder Mehraufwand zum Sonderfall erklärt wird. Die Einbeziehung von Angehörigen und die Möglichkeit, aufsuchen arbeiten zu können, sollte Eingang in die Regel­versorgung finden. Johanna Thünker wies in diesem Kontext deutlich darauf hin, dass auch schon in der Regelversorgung eklatante Versorgungslücken klafften – dies betrifft beispiels­weise die ambulante psychotherapeutische Weiterbehandlung nach einem stationären Aufenthalt. Wenn Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zukünftig in mehr Kon­tex­ten aktiv werden können und sollen – was sehr zu begrüßen ist – dann muss dies in der all­gemeinen Bedarfsplanung auch Berücksichtigung finden.
Im zweiten Teil der Veranstaltung ging es die Finanzierung der angestrebten Ideen und Kon­zepte. Das BMG forderte die Dialoggruppe explizit dazu auf, konkrete Vorschläge im Hinblick auf das SGB V zu machen (vgl. frühere Berichte). Diese Chance will man nicht verstreichen lassen, darüber bestand Einigkeit. Wie eine „kluge“ Implementierung hingegen aussehen könnte, ist eine schwierige Frage. Es kam unter anderem der Vorschlag, zu recherchieren, wie an anderer Stelle multiprofessionelle Versorgung gesetzlich abgebildet wurde (z.B. Palliativ­ver­sorgung). Eine besondere Herausforderung ist die Verzahnung der verschiedenen zugrundeliegenden Sozialgesetzbücher SGB V (Gesetzliche Krankenversicherungen), SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe), SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von behinderten Menschen) und SGB XII (Sozialhilfe). Hier ist noch viel zu tun.
Das Fazit dieser deutlich verkürzten Veranstaltung war insgesamt positiv, viele Ideen und Überlegungen können in die Dialoggruppe gegeben werden. Dass man insgesamt im Diskurs weg ist von konkreten Diagnosen und hin zu situationsbezogenen Bedarfen, wurde begrüßt.

Zum Weiterlesen: www.psychiatriedialog.de