Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Bericht vom KBV-Sicherstellungskongress am 20./21.05.19 in Berlin

Am 20. und 21.05.19 veranstaltete die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in Berlin erneut einen Sicherstellungskongress, bei dem weiter- und fortgebildet wurde sowie zahlreiche Kassenärztliche Vereinigungen (KV) ihre Innovationsprojekte zur besseren Versorgung vorstellten. Über 190 TeilnehmerInnen aus der KBV, den KVen, Kammern, Verbänden, Krankenkassen, der Berufspolitik, Presse, Forschung und Industrie tauschten sich zu den Themen „Versorgungsregionen (weiter-)entwickeln“, Gestaltung von Versorgungsregionen“ und „Koordination der Versorgung“ in Seminarreihen, Podiumsdiskussionen, Workshops und Messeausstellungen aus. Der VPP war am 2. Kongresstag dabei.
Eröffnet wurde der 2. Kongresstag von Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandvorsitzender der KBV. Er betonte, dass bei der Versorgung Synergien genutzt werden müssten und lobte die Innovationsideen der KVen. Er kritisierte eine Gesundheitspolitik, die auf Ideologien und nicht auf konkreten Bedarf abziele und spielte hierbei vermutlich auf den Bundesgesundheitsminister an. Zum Thema E-Akte äußerte sich Hofmeister positiv.
Innerhalb der Messeausstellung wurden über 29 Projekte der vorgestellt, z. B. KV initiativ, eine Kooperation zwischen KV und Kommunen, das KVWL-Projekt zur Ausbildung von Netzmanagern, Idana, eine „intelligente digitale Anamnese“, docdirekt, ein Projekt der KV Baden-Württemberg zur Vermittlung und Fernbehandlung von PatientInnen oder aQua, ein Evaluationsprojekt.
In der Seminarreihe „Intersektorale Planung: Reformen und Ausblick“ stellte Walter Plassmann, Sprecher der Ärzte des Unterausschusses Bedarfsplanung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und Vorstandsvorsitzender der KV Hamburg die höchstaktuelle Lage der Reform der Bedarfsplanung und das Gutachten vor: Der Demografiefaktor werde zu einem Morbiditätsfaktor weiterentwickelt. Zusätzlich seien Anpassungen pro Planungsbereich aufgrund der regionalen Morbiditätsstruktur erfolgt. Es würde also nicht eine Morbiditätszahl für Deutschland gegeben, sondern je nach Bereich. Unabhängig von einem Morbiditätsfaktor seien Reduktionen der Verhältniszahlen (VHZ – Anzahl Einwohner pro Arzt/Ärztin) u. a. um 9% bei PsychotherapeutInnen und um 15% bei NervenärztInnen vorgenommen worden. Die VHZ seien im Diskurs entstanden, seien rechnerisch nicht begründbar, sondern Kompromisse. In Großstädten würde sich sitztechnisch nichts ändern. „In Berlin tut sich gar nichts“, so Plassmann. Die meisten neuen Niederlassungsmöglichkeiten (insgesamt über alle Arztgruppen hinweg) würden in Bayern entstehen. Der KBV Spitzenverband habe Zahlen veröffentlicht: 780 mehr Sitze für PsychotherapeutInnen bundesweit. Dies bedeute jedoch nicht, dass ab Verabschiedung diese Plätze sofort zur Verfügung ständen. Zur Steuerung der Verteilung innerhalb einzelner Arztgruppen würden außerdem erstmals Quoten festgelegt. Bezüglich der Erreichbarkeit von Praxen würde laut Gutachten zusätzlicher Versorgungsbedarf vorliegen, wenn die nächste Arztpraxis zwischen mehr als 20 Min. (HausärztInnen) und mehr als 40 Min. (FrauenärztInnen) entfernt läge (Fahrzeit). Für PsychotherapeutInnen gab Plassmann keinen Wert an.
Dipl.-Psych. Barbara Lubisch, Niedergelassene und DPtV Bundesvorsitzende, stellte weiterhin in einem kurzen zeitlichen Abriss die Reform der Psychotherapeutenausbildung vor. Bezüglich des Regierungsentwurfs vom 30.04.19 habe es laut Lubisch viel Zustimmung gegeben, aber auch Kritikpunkte zu der Berufsausübungsdefinition, der Berufsbezeichnung, dem Fehlen der Approbationsordnung (Dauer des Studiums/Praxissemester, verbindliche Festlegung der „Verfahrensvielfalt“, schriftliche Prüfung), der Förderung der ambulanten Weiterbildung, den Übergangsregelungen für heutige PiA und heutige KJP und zur Mengensteuerung (ca. 2.500 AbsolventInnen/Jahr). Die KBV fordere eine Reduktion auf 1.400 AbsolventInnen, da diese für den Nachbesetzungsbedarf reichen würden. Lubisch betonte jedoch, dass nicht nur AbsolventInnen für die Vertragspsychotherapie gebraucht würden. Am 26./27.06.19 gehe es mit der 2./3. Lesung weiter. Am 20.09.19 würde dann der 2. Durchgang im Bundesrat folgen. Geplant sei derzeit ein In-Kraft-Treten des Gesetzes am 01.09.20. Auf die Frage des VPPs, wie derzeit der Plan bzgl. eines polyvalenten Studiums mit Stammstudium der Psychologie aussehe, antwortet Lubisch, dass derzeit ein polyvalenter Bachelor im Gespräch sei. Fest stehe aber auch, dass sich das Fach Psychologie an die Psychotherapie anpassen müsse.
Johannes Wolff, Referatsleiter Krankenhausvergütung und GKV-Spitzenverband, stellte die Krankenhausplanung vor, da die Krankenhauslandschaft Struktur Vision und Steuerung brauche. Ähnlich der Bedarfsplanung werde derzeit eine Bedarfsprüfung umgesetzt. Anhand essenzieller Strukturfragen, werde der Bedarf geklärt: Wer wird unmittelbar gebraucht, wer leistet in welchem Umfang Notfallversorgung, wer ist exzellent, wer liefert gute Qualität und wer übernimmt welche Aufgaben? Lediglich ca. 100 Sicherstellungskandidaten von 1.748 Krankenhäusern seien demnach sicherstellungsrelevant. Die aktuelle Aufgabe sei es nun, exzellente Versorgung beurteilen. Weiterhin in Planung sei außerdem die bundeseinheitliche und empirisch abgeleitete Definition von fachübergreifender Regulierung.
Am Nachmittag wurde in der Podiumsdiskussion „Public Service Platform: Mobilität und Gesundheit“ über Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den beiden Bereichen diskutiert. Oliver Wolff, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV und Dr. Florian Furmann, KV Telematik waren sich einig, Kunden- bzw. Gesundheitsdaten nicht Google und Co. Überlassen zu wollen, sondern selbst Plattformen zu entwickeln, um Informationen, z. B. wo eine Praxis zu finden ist, zu teilen. Während Wolff hierbei ein unternehmerisches Ziel zu verfolgen scheint („Wettbewerb um die Daten“), ging es Gassen und Furmann vorrangig um den Datenschutz und Lösungen zum Umgang mit dem „kostbaren Gut Arztzeit“. Zum Ende meldete sich Hofmeister aus dem Plenum zu Wort: Es sei nicht nur das Ziel, den Patienten/die Patientin zu informieren, welche ÄrztInnen es gebe, sondern auch welche/r der/die passendste sei.
Im Workshop „Trägerstrukturen ambulanter Versorgung“ stellten zum Schluss Dr. Annedore Mette, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Dr. Peter Velling, Bundesverband MVZ und Dr. Thomas Schang, Agentur deutscher Arztnetze ihre Ideen zur besseren Versorgung vor. Mette betonte, dass die (hausärztliche) Einzelpraxis „kein Auslaufmodell“ sowie für bestimmte Zielgruppen und Bezirke notwendig sei. Hierfür müssten jedoch Rahmenbedingungen stimmen wie eine vernünftige Vernetzung und mögliche Entlastungsassistenzen. Velling, stellte das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) fern vom Investitionsgedanken vor. Insbesondere das Arbeitszeitgesetz sei strenger einzuhalten. Zusätzlich forderte er ein hürdenfreies Nachfolgen von Angestellten im eigenen MVZ. Er schlug weiterhin eine „Fortbildung vom Angestellten zum Vertragsarzt“ vor. Schang stellte wiederum die Vorteile von Netzwerken vor. Er betonte, dass die verschiedenen Strukturen (Einzelpraxen, BAG/MVZ, Netz-MVZ, Praxisnetze und sektorenübergreifende Versorgungsnetze) keine Gegensätze/Alternativen seien, sondern Organisationsgrade, die alle ihre Daseinsberechtigung und ihren spezifischen Zweck haben würden.

Wie auch schon bei der ZI-Veranstaltung „Ausgezeichnete Gesundheit“ im März seien die vorgestellten Projekte explizit als „Blaupausen“ gedacht. Probleme wurden nicht fokussiert, es wurde auch nicht hinterfragt. Projektideen und Vernetzungsmöglichkeiten - auch zur Politik - gab es hingegen viele. Unter undefined können weitere Informationen abgerufen werden.

Julia Zick