Deutscher Bundestag hat Verfahren der PiA-Petition abgeschlossen
Über tausend Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) hatten sich seit Januar
2005 in Einzelpetitionen und in Unterschriftenlisten an den Petitionsausschuss
gewandt und die Aufnahme einer Vorschrift in das Psychotherapeutengesetz gefordert,
mit der eine Vergütung für die 1800 Stunden "Praktische Tätigkeit" geregelt
wird, die Psychologische Psychotherapeuten in Ausbildung zu leisten haben. Im
Mai 2006 hat nun der Deutsche Bundestag die Petition beraten und am 19.5. gegen
die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke beschlossen, das
Anliegen nicht zu unterstützen und das Petitionsverfahren abzuschließen.
Darüber wurden die Petentinnen und Petenten mit Schreiben vom 21. Juni
informiert.
In der Begründung heißt es: "Das Psychotherapeutengesetz
reiht sich ein in die Liste der Gesetze, die Ausbildungen zu Heilberufen regeln.
Es ist dabei nicht üblich, dass diese die Zahlung einer Ausbildungsvergütung
vorsehen." Als eine mögliche Finanzierung wird auf das BAFöG
verwiesen. Eine wesentliche Intention der praktischen Tätigkeit bestehe
auch darin, "psychiatrische Krankheitsbilder, die einer psychotherapeutischen
Behandlung nicht zugänglich sind, zu erkennen und nicht nur in der Durchführung
psychotherapeutischer Behandlungen. Damit ist sie nicht etwa mit der zwischenzeitlich
abgeschafften AiP-Phase oder dem Praktischen Jahr des Medizinstudiums vergleichbar,
sondern am ehesten mit den auch im Medizinstudium vorgeschriebenen Praktika
bzw. Famulaturen." Ein Assistenzarzt habe seine ärztliche Ausbildung
abgeschlossen und sei aufgrund der ärztlichen Approbation zur Ausübung
des Arztberufs berechtigt. "Psychologen, die in der Ausbildung zum Psychotherapeuten
sind, haben ihre Approbation als Psychologische Psychotherapeuten oder Kinder-
und Jugendlichenpsychotherapeuten noch nicht und dürfen demzufolge die
heilkundliche Psychotherapie noch nicht ausüben."
Dazu muss Folgendes deutlich klargestellt werden:
- Die Ausbildung zum Psychotherapeuten/zur Psychotherapeutin baut auf
einer abgeschlossenen Ausbildung z.B. als Diplom-Psychologe auf und enthält
bereits eine spezielle Ausbildung in klinischer Psychologie. Dieser Abschluss
berechtigt Diplom-Psychologen z.B. auch zu einer Tätigkeit in psychiatrischen
Krankenhäusern. PiA sind daher nicht vergleichbar mit einem Medizinstudenten
im Praktikum oder in der Famulatur. Sie können im Rahmen ihrer praktischen
Tätigkeit (im "Psychiatriejahr") in gleicher Weise tätig
sein wie z.B. regulär angestellte Diplom-Psychologen, die in der Psychiatrie
tätig sind. Sie können die geforderten Erfahrungen im Rahmen ihrer
Ausbildung in Psychotherapie auch durch eine entsprechend angepasste berufliche
Tätigkeit in der Psychiatrie erwerben.
- Im Text der Begründung wird
formuliert, eine wesentliche Intention der praktischen Tätigkeit bestehe
auch im Erkennen psychiatrischer Krankheitsbilder, die einer psychotherapeutischen
Behandlung nicht zugänglich sind. Die Entwicklungen
im Bereich der Psychotherapie machen dagegen deutlich, dass der weitaus größte
Teil der Patienten in psychiatrischer Regelbehandlung von einer direkten und
begleitenden psychotherapeutischen Behandlung profitieren. Hier sollten PiA
unter Supervision ihrer AnleiterInnen tätig sein können und dafür
angemessen entlohnt werden.
- Die Ausbildung zum Psychotherapeuten/zur Psychotherapeutin
ist von den PiA aus Eigenmitteln zu finanzieren (mindestens 15 000 Euro für
drei Jahre Ausbildung). Da es sich im Rahmen der vorgesehenen drei Jahre der
Ausbildung um eine Vollzeitausbildung handelt, gibt es für PiA keine Möglichkeit,
ihren Lebensunterhalt zu verdienen, es sei denn, sie erweitern die Ausbildung
auf 5 Jahre und üben eine Teilzeittätigkeit aus. Ist letzteres nicht
möglich, sind sie auf die Unterstützung bzw. den Unterhalt anderer
Personen angewiesen. Die in der Begründung angeführte Möglichkeit,
eine Unterstützung im Rahmen des BAFöG zu bekommen, trifft für
die meisten der Ausbildungsteilnehmer nicht zu, da sie die Bedingungen des
BAFöG
nicht erfüllen. viele der Ausbildungsteilnehmer leben deshalb heute mit
Einkünften unterhalb des Existenzminimums. Dies ist nicht zumutbar.
- Fachärzte, die im Bereich der Psychotherapie tätig sind, üben
die gleiche Tätigkeit aus wie Psychotherapeuten. Fachärzte erwerben
ihre Fähigkeiten zur Ausübung der Psychotherapie nach ihrem medizinischen
Studium in ihrer Weiterbildung zum Facharzt. Sie sind während dieser Weiterbildung
beruflich tätig und werden dafür bezahlt, im Rahmen der fachärztlichen
Aufsicht Patienten auch psychotherapeutisch zu behandeln. Dies sollte auch
Psychotherapeuten möglich sein. Die jetzigen Ausbildungsbedingungen schaffen
eine Ungleichbehandlung. Hier fordern wir einen Systemwechsel in der Ausbildung
zum Psychotherapeuten mit einer Änderung des PsychThG (siehe
auch H.-W. Stecker: Ein Systemwechsel
ist nötig!).
- Untersuchungen belegen, dass die Zahl der Ausbildungsteilnehmer
nicht ausreicht, um den Nachwuchsbedarf zu decken. Die finanziell unhaltbare
Situation der Psychotherapeutenausbildung schreckt viele davon ab, diesen
Beruf zu ergreifen. Die Zahl der Studenten, die sich für den Bereich
der klinischen Psychologie entscheiden, ist rückläufig.
Dies ist für den Beruf der Psychotherapeuten und für die psychotherapeutische
Versorgung ein unhaltbarer Zustand.
Die Psychologischen Psychotherapeuten in Ausbildung möchten hier noch
einmal in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, dass es ihnen unmittelbar
um die Bezahlung der 1800 Stunden praktische Tätigkeit geht. Nur so sehen
sie die Möglichkeit, die gesamte Ausbildung "unabhängig vom
privaten Geldbeutel" zu finanzieren und zum Abschluss zu bringen.
Birgit Zimmermann
PiA-Vertreterin des VPP im BDP
Hans-Werner Stecker
Mitglied im Bundesvorstand des VPP im BDP