Mit Schreiben vom 24. Juni 2008 hat das Bundesministerium für Gesundheit
(BMG) dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mitgeteilt, dass der ablehnende
Beschluss des G-BA vom 24. April 2008 zur Gesprächspsychotherapie nicht
beanstandet wird. Er könne daher in Kraft treten.
Die Nicht-Beanstandung wird jedoch mit folgender Auflage verbunden: „Der
Gemeinsame Bundesausschuss hat zu prüfen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen
die Gesprächspsychotherapie nach Abschnitt B I Nummer 4 der Psychotherapie-Richtlinien
indikationsbezogen Anwendung finden kann.“
Begründet wird dies folgendermaßen: „ Der Gemeinsame Bundesausschuss
ist in seiner Bewertung der Gesprächspsychotherapie zu dem Ergebnis gekommen,
dass nur in einem Indikationsbereich (Affektive Störungen) der Nutzen
belegt ist und die Kriterien für eine Anerkennung der Gesprächspsychotherapie
als Richtlinienverfahren nach § 92 Abs. 6a i.V.m. §135 SGB V und
B I.3 Psychotherapierichtlinien damit nicht erfüllt werden. Diese Entscheidung
des Gemeinsamen Bundesausschusses ist rechtlich nicht zu beanstanden.“
Das BMG fordert den G-BA mit seiner Auflage auf zu prüfen, ob und ggf.
unter welchen Voraussetzungen die Gesprächspsychotherapie indikationsbezogen
als Methode für den Anwendungsbereich der Affektiven Störungen zugelassen
werden kann. „Denn falls die Voraussetzungen für eine Anerkennung
und Anwendung als Methode vorliegen, könnte die Gesprächspsychotherapie
für Versicherte, die an einer Depression leiden, eine (…) nachgewiesenermaßen
wirksame Therapiealternative darstellen, auf die die jeweiligen Versicherten
einen Rechtsanspruch geltend machen könnten.“
Gegen diesen Bescheid könne binnen einen Monats Klage erhoben werden.
www.bptk.de/show/1475812.html
Kommentar des VPP im BDP
Die Gesprächspsychotherapie wird also demnächst eine Methode und
kann dann von kassenzugelassenen VerhaltenstherapeutInnen und tiefenpsychologischen
und analytischen TherapeutInnen indikationsbezogen bei affektiven Störungen
angewendet werden.
Die Psychotherapie wird zergliedert in Methoden und Techniken.
Damit ist das Ziel derjenigen Kreise, die die psychotherapeutischen Verfahren
auf die drei jetzigen Richtlinienverfahren einschränken und diesen alle
anderen erfolgreichen und wissenschaftlich fundierten Verfahren als Methoden
und Techniken (wie eben z.B. die GPT die Hypnotherapie oder die systemische
Psychotherapie usw.) unterordnen wollen, einen großen Schritt vorangekommen.
Eine Situation, vor der der VPP deutlich gewarnt und auf die er auch die BPtK
bei ihrer freudigen Zustimmung zum Schwellenkriterium hingewiesen hatte.
( s. www.vpp.org/meldungen/08/80429_gkv-leistung.html
www.vpp.org/meldungen/08/80403_schwellenkriterium.html)
Das BMG sah offenbar rechtlich keine Möglichkeit, einen Beschluss zu
beanstanden, bei dem ein Gremium, das nicht mit WissenschaftlerInnen besetzt
ist, über den medizinischen Nutzen eines Psychotherapieverfahrens anhand
der Bewertung von wissenschaftlichen Studien befindet mit einem Ergebnis,
das dem hochkarätiger wissenschaftlicher Experten und auch internationaler
Positionen widerspricht. Zudem kann bei diesem Gremium ein ökonomisches,
außerfachliches z.T. auch in Konkurrenz zur psychologischen Psychotherapie
stehendes Interesse nicht ausgeschlossen werden.
Das BMG sah sich ebenfalls nicht in der Lage zu beanstanden, dass dieses
Gremium sich anmaßte, eine eigenwillige Definition der Gesprächspsychotherapie
ihrer Bewertung zugrunde zu legen, die mit der Definition der Profession und
des Wissenschaftlichen Beirats nicht übereinstimmt. Es ist leider auch
nicht von der Hand zu weisen, dass dies auch im Sinne zumindest von Teilen
des BMG ist (s. seine Einlassungen zum Methodenkonzept des G-BA).
Nun ist der Weg für die weitere gerichtliche Auseinandersetzung um eine
sozialrechtliche Anerkennung der GPT als Verfahren frei.
Heinrich Bertram
Bundesvorsitzender des VPP im BDP
Eva Schweitzer-Köhn
Stellvertretende Vorsitzende des VPP im BDP
17.7.2008