Wie ist die 40%-Regelung im Gesetz gemeint?
1. „Was“ in der Ausbildung gewährleistet
sein muss, regelt das alte wie das neue Gesetz vergleichsweise ausführlich
(wenn auch genug Fragen offen bleiben). „Wie“ die Ausbildung durch ein Institut
zu gewährleisten ist, ist dann schon deutlich sparsamer geregelt und „wie
finanziert“ sie ist, da hat sich der Gesetzgeber bekanntlich 20 Jahre wenig
drum gekümmert (von ein bisschen BAFöG abgesehen).
2. Für den Alltag ist damit die
Gestaltung der Ausbildung erheblich durch die Ausbildungsverträge geregelt,
manchmal ergibt sich in der Folge, dass Lücken zu füllen sind bzw. wie man den
Vertrag zu diesem Zwecke auslegen muss. Im Laufe der 20 Jahre haben sich
diverse, mal mehr, mal weniger überzeugende Vertragsmodelle entwickelt, einige
auch mit recht komplizieren Gestaltungen, insbesondere was eine Verrechnung von
Ausbildungskosten mit Einnahmen aus der „praktischen Ausbildung“ über die
Ambulanz, meist gegen Ende der Ausbildung betrifft. Solche Verträge sind
üblicherweise tendenziell institutsfreundlich, man kann vorsichtig
verallgemeinern, dass der Markt nicht zu einer „Augenhöhe“ der Vertragspartner*innen
geführt hat.
3. Nach wie vor regeln sich die Fragen
zur Vertragsausführung primär nach dem BGB, allerdings unter Maßgabe der
Ausbildungs- und Prüfungsverordnung bzw. des PsychThG. Hier vorliegend hat sich
während der Vertragsanwendung das Gesetz geändert. Es ist nicht ausgeschlossen,
dass Institute zunächst versuchen zu behaupten, die 40 %-Regelung des neuen § 117
Abs.3c SGB V beträfen keine laufenden Verträge, sondern nur zukünftige. Der
Wortlaut des Gesetzes regelt diese Frage
nicht explizit. Allerdings benennt die Gesetzesbegründung als Grund die
Interessen der Ausbildungsteilnehmerinnen, es ist nicht plausibel, dass diese
Interessen ersetzt zukünftige PiA hätten. Aus dem gleichen Grund vermag nicht die
eventuelle Behauptung zu überzeugen, die Neuregelung richte sich nicht direkt
an die PiA, sondern nur an die Vertragsparteien, die die Finanzierung der
Ambulanzen vereinbaren; das stimmt zwar, das Gesetzgeber benennt aber die PiA
als Nutznießer. Daher muss die Regelung als Grundlage für einen vertraglichen
Ergänzungsanspruch verstanden werden.
4. Man kann zunächst ganz lapidar
feststellen, dass die PiA 40 % bekommen, das kann theoretisch jeweils
eingeklagt werden. Aber schon mit der Frage „wovon 40 % ?“ fangen die Probleme
an, zumal nicht nur die Institute auf Vertraulichkeit pochen. Man kann trotzdem
schon mal festhalten, dass man diesbezüglich stur sein kann: Dieser Anspruch
besteht und zwar einklagbar, alles Weitere muss sich anschließend fügen.
5. Gleichwohl geht es faktisch
mindestens genauso wichtig (und vermischt sich deswegen) um dieses
anschließende Sich-Fügen. Gemäß § 313 BGB kann eine Vertragspartei bei schwerwiegenden Störungen der
Vertragsgrundlage eine Anpassung verlangen und wenn das Institut die 40 %
zahlen muss, wird es das Institut sein, dass diese Anpassung fordert. Ob
allerdings die gesetzliche Neuregelung tatsächlich schwerwiegend ist, darf
erörtert werden, denn generell kann jede Partei auf vielfältigste Weise das
Schicksal in einer Art und Weise treffen, wie man es bei Vertragsschluss nicht
vermutet oder gesehen hatte, grundsätzlich muss jede Partei damit rechnen und
hinnehmen, dass es nicht ganz so läuft, wie gedacht, insoweit trifft dieses
Risiko hier die Institute. Deshalb kommt dem Merkmal „schwerwiegend“ besondere
Bedeutung zu.
6. Leider werden es jeweils
Einzelfallentscheidungen sein, wenn man mal hypothetisch wenn einem
Gerichtsprozess zu § 313 ausgeht und es hängt natürlich sehr vom jeweiligen
Vertrag ab, so dass Verallgemeinerungen aus der Ferne nicht besonders erhellend
sind. Es ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar, dass man die gesamte
Gemengelage zum Anlass nimmt, sich zu einigen, da fallen dann alle Fragen
zusammen an. Gerade die Unübersichtlichkeit erfahren die PiA eher als
Überforderung oder auch Ungerechtigkeit, denn die Intransparenz zur Grundlage
der 40 % bleibt ein Dorn im Auge.
7. Es besteht meines Erachtens eine
nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass eine Anpassung nach § 313 BGB (auch
bei der Unterstellung, dass die 40 %-Regelung korrekt angewendet wird) am Ende
im Großen und Ganzen der Zustand und die Finanzierungsverteilung herauskommt,
wie sie vorher war (das ist schlicht eine andere Formulierung des
Gesetzestextes). So dass alle Zahlen, die bis dahin hin- und herschwirren
letztlich nicht sonderlich beachtlich bleiben.
8. Das darf man sehr wohl kritisieren,
denn offensichtlich hat der Gesetzgeber eine finanzielle Verbesserung
beabsichtigt, wo bleibt die? Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Gericht entweder
das Merkmal „schwerwiegend“ verneint oder zumindest bei der Anpassung darauf
achtet, dass „irgendein“ Vorteil für die PiA am Ende auch spürbar wird. Das
sollte auch in (vorprozessualen) Verhandlungen das Ziel sein. Insofern
ist der Fokus auf die 40 %-Durchsetzung vielleicht nicht so sinnvoll, sondern
allgemeiner der Ansatz: Es muss am Ende irgendwie (etwas) besser für die PiA
sein. Auf dem Weg dahin sind einzelne Zahlen dann eher weniger interessant.
Unerfreulich ist diese Sichtweise natürlich insofern, weil sich daraus
keinerlei „Fahrplan“ ableiten lässt.
Trotzdem
ist ein selbstbewusster aber konstruktiver Vorstoß an das Institut ratsam, wenn
nicht schon das Institut es genau so sieht und auf ihre PiA zugekommen ist.