Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

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Geschrieben von Online-Redakteur

Hygiene-Pauschale (PKV) abrechenbar!

Die Hygiene-Pauschale sorgte in den letzten Wochen für Verwirrung bei der Abrechnung mit privaten Krankenversicherungen (PKV) und Beihilfe. Das Fehlen einer öffentlichen Stellungnahme der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und auch unscharfe Formulierungen in der Abrechnungsempfehlung der Bundesärztekammer (BÄK) sorgten für Verunsicherung, ob die Hygiene-Pauschale (analog GOÄ Nr. 245) auch für Psychologische Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen gilt oder nicht.

Die BÄK gab am 07.05.2020 unter anderem bekannt, dass selbige, der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) und die Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder beschlossen haben, dass die Abrechnung für die „Erfüllung aufwändiger Hygienemaßnahmen im Rahmen der Covid-19-Pandemie“ je Sitzung analog der Nr. 245 GOÄ zum 2,3fachen Satz rückwirkend zum 05.05.2020 und befristet bis zum 31.07.2020 zulässig sei. Die BPtK wurde in diesem Abschnitt nicht explizit erwähnt, wahrend sie im Abschnitt zur Videobehandlung sehr wohl mit aufgelistet ist, was einen Interpretationsspielraum zuließ, ob auch Psychologische Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen diese Pauschale abrechnen dürfen.

Diese Frage behandelte der VPP im Newsletter, der am 02.06.2020 erschien und kam zu dem Schluss, dass eine Abrechnung legitim sei. Unser Justiziar Jan Frederichs schrieb:

„Für Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen gibt es eine entsprechende Vereinbarung anscheinend zum Redaktionsschluss (noch) nicht. Eine analoge Anwendung über GOP und §6 Abs. 2 GOÄ eröffnet sich nicht, weil die Ziffer 245 in den Abschnitt C liegt, der nicht von der GOP erfasst ist.

Der VPP hält es aber für angemessen und im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes für geboten, auch den Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten eine entsprechende Pauschale zu zahlen. Nach hier vertretener Auffassung wäre zwar primär eine Vereinbarung zwischen BPtK, PKV und der Beihilfe wünschenswert. Aber solange diese an offizieller Stelle noch fehlt, wird eine Abrechnung unter Verwendung des Textes: „gemäß Ziffer 245 GoÄ analog i.V.m. Art 3 GG" für vertretbar und nicht für einen versuchten Abrechnungsbetrug gehalten.
Den Gleichbehandlungsgrundsatz als verfassungsrechtliches Gebot sieht der VPP hier in dem Maße eröffnet, wie die Notwendigkeit von Hygienemaßnahmen und deren Kosten bei einem ärztlichen Kontakt kaum anders ist, als bei einem psychotherapeutischen. Denn soweit bekannt ist das Infektionsrisiko weit überwiegend in Form von Tröpfcheninfektion und nicht – was bei manuellem ärztlichem Kontakt ein sachlicher Unterschied zum psychotherapeutischen Kontakt wäre – durch Schmierinfektion. Dass in psychotherapeutischen Praxen keine körperliche Behandlung erfolgt, macht bezogen auf das hier relevante Infektionsrisiko kaum einen Unterschied. Es liegt also kein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vor.“

Laut einem Informationsblatt der PVS Rhein-Ruhr vom 18.06.2020 heißt es, dass seitens der BPtK keine Hygienepauschale mit den privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen ausgehandelt worden sei. Die PVS habe jedoch auf Nachfrage bei der BPtK die Information erhalten, dass der PKV-Verband einer Abrechnung der Hygienepauschale nach GOÄ/GOP 245 analog auch durch Psychologische Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten explizit zugestimmt habe.

Auch die Psychotherapeutenkammer NRW bezieht sich auf eine Auskunft der BPtK, nach der die Abrechnung auch für Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erlaubt sei. Dies habe der PKV-Verband der BPtK auf deren Rückfrage ausdrücklich bestätigt, so die Kammer.

Nach E-Mails, die dem VPP vorliegen, gab es auch Aussagen der BPtK direkt an anfragende Mitglieder: „Der Hygienezuschlag setzt den persönlichen Ärzt*in/Psychotherapeut*in-Patient*in-Kontakt voraus und kann ab dem 5. Mai bei privat versicherten Patient*innen auch bei psychotherapeutischen Behandlungen abgerechnet werden.  Das gilt ausdrücklich auch für Psychologische Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen. Diese Regelung gilt für alle Fachgruppen zunächst befristet bis zum 31. Juli 2020.

Die BPtK war auf ihrer Homepage selbst jedoch bei diesem Thema erstaunlich still und gab keine öffentliche Stellungnahme oder Informationsmeldung hierzu heraus. Auch der PKV-Verband äußerte sich hierzu nicht konkret auf der Homepage. Indes erschien in der „Praxis-Info Coronavirus“ der BPtK vom 03.06.2020 ein unauffälliger Absatz, der in der 13-seitigen Broschüre leicht übersehen werden kann:
Privatpraxen können die Erfüllung aufwändiger Hygienemaßnahmen während der Corona-Pandemie abrechnen. Bis zum 31. Juli 2020 kann Nr. 245 GOÄ dafür analog einmal je Sitzung zum 2,3-fachen Satz abgerechnet werden, aber nur bei einer Sitzung im persönlichen, unmittelbaren Kontakt.“ Woher diese Information kommt, ist unklar. Dennoch: Demnach ist laut BPtK eine Abrechnung möglich!

Der VPP empfiehlt daher weiterhin, die Hygienepauschale analog GOÄ Nr. 245, sofern die Bedingungen erfüllt sind, abzurechnen.

Erste Rückmeldungen von abrechnenden Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ergeben jedoch, dass private Krankenversicherer dies nicht so sehen. Sie verweisen auf die Bekanntmachung vom 07.05.2020, wo Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten nicht explizit erwähnt werden. Es ist daher dringend wünschenswert, dass sowohl die BPtK und auch der PKV-Verband noch einmal eine explizite Information hierzu herausgeben.

Weiterhin schwierig ist die Lage in der Kostenerstattung nach SGB V §13, Abs. 3. Der PKV-Verband kann nicht für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sprechen. Jedoch, wenn eine Abrechnung über GOÄ/GOP erfolgt, wäre es folgerichtig auch die Hygienepauschale abzurechnen, jedoch ist wahrscheinlich mit erheblicher Ablehnung durch die kostenerstattende GKV zu rechnen. Auch hier wäre eine Unterstützung durch die BPtK wünschenswert.

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Stellungnahme zum PDSG

Stellungnahme der psychotherapeutischen Berufsverbände und der KVB zum Entwurf eines Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematik-Infrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG)

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Kabinettsentwurf PDSG - Stellungnahme des VPP

Der BDP e.V. begrüßt gesetzliche Regelungen zur Sicherheit des Datenschutzes im besonders sensiblen Bereich des Gesundheitswesens. Leider bleibt der Kabinettsentwurf eines Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur vom 31.03.2020 hinter dem Erforderlichen zurück und muss abgelehnt werden. Tatsächliches  Interesse des Gesetzgebers ist nicht der echte Schutz der sensiblen Gesundheitsdaten, sondern die Präzisierung und Erweiterung digitaler Gesundheitsanwendungen im Rahmen der Telematik Infrastruktur (TI): Festgelegt werden z.B. Spezifizierungen zur zukünftigen elektronischen Patientenakte (ePA), die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten im Rahmen der TI oder digitale Anwendungen, wie elektronische ärztliche Verordnungen. Der Grundansatz der ePA ist nicht schlecht: Medikamentenplan oder Notfalldaten ergeben zusätzlichen Nutzen. Informationen zur Behandlung können schneller und allgemeiner zu Verfügung gestellt werden. Nirgends konkretisiert werden aber Maßgaben zur Reduzierung des Datenrisikos der Versicherten z.B. durch die zentrale Speicherung persönlicher angehäufter Gesundheitsdaten, durch Anwendungen auf mobilen Endgeräten oder die zahlreichen möglichen Zugriffberechtigungen. Aller Voraussicht nach entstehen viele „Datenberge“ in den ePAs. Welche Erkrankte haben Zeit, sich mit differenziertem Zugriffsberechtigungs-management für einzelne Dokumente zu beschäftigen? Rechtlich massiv verletzt wird der wichtige Grundsatz der Datensparsamkeit. Zur Förderung eines echten Datenschutzes sollte der Gesetzgeber hierüber aufklären und klare Anreize schaffen, Daten wirklich zu schützen (z.B. durch kritische Aufklärung, Kultivierung differenzierter Zugriffsberechtigungen und regelmäßigen Überprüfens und etwaiges „Aufräumens“ der ePA – am besten in Absprache mit den Behandlerinnen und Behandlern).

Änderungsvorschläge
Zur Stärkung der Versichertenrechte fordern wir folgende Änderungen:

  1. Versicherte sind in Bezug auf die ePA vollständig und transparent zu informieren: über Vorteile der ePA UND deren Datenschutzrisiken sowie Möglichkeiten zur Minimierung von Risiken. Diese Basisinformation sollte unter Nutzung der Expertise entsprechender Fachstellen (z.B. Bundesbeauftragtem für Datenschutz) gestaltet werden. Informiert werden sollte z.B. über Risiken durch die dauerhafte, zentrale, kumulierte Speicherung von Gesundheitsdaten, etwaige Widersprüche zum im DSGVO geforderten Grundsatz der Datensparsamkeit, Risiken durch die vielfache Nutzung auf mobilen Endgeräten, Information zu z.B. bisheriger Häufigkeit und Folgen illegaler Datenabgriffe)
  2. Die elektronische Patientenakte soll erst eingeführt werden, wenn die vorgesehenen Rechte zur feingranularen Differenzierung möglich sind. Es ist dabei nicht akzeptabel, dass Versicherte ohne mobile ePA-Anwendungen (Nicht Frontend-Nutzer) nur mittelgranulare Zugriffsberechtigungen erhalten! Explizit vor Diskriminierung sollten auch Versicherte geschützt werden, die keine ePA wünschen (§335).
  3. Ermöglicht werden sollte nicht nur eine feingranulare, sondern sogar eine „feinstgranulare“ Differenzierung: Auch die Schwärzung einzelner Passagen in einem Dokument bzw. Löschung/Sperrung einzelner Daten in einem einzelnen Datensatz sollte möglich sein.
  4. Eine lebendige Kultur des Datenschutzes muss gefördert werden: Alle Leistungserbringenden sollten optional in der Praxis Endgeräte/Terminals bereithalten dürfen, auf welchen Versicherte ihre ePA einsehen und bearbeiten können. Leistungserbringende sollten angeregt werden, die ePA auf Wunsch der Versicherten zu „pflegen“. Hierfür müssen im EBM Leistungsziffern geschaffen werden.
  5. Krankenkassen dürfen nicht in Form von Ausnahmeregelungen Möglichkeiten bekommen, auf sensible Daten der ePA zugreifen zu können. Diese Möglichkeit wurde im Kabinettsentwurf geschaffen und auch vom Bundesdatenschutzbeauftragten als „Einfallstor“ deutlich kritisiert!
  6. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) soll in den Gesellschafterkreis der gematik aufgenommen werden. Im vorliegenden Entwurf ist die BPtK noch nicht einmal im Beirat der gematik vorgesehen (§ 350 Abs.2). Die Expertise der berufsständigen Vertretung heilkundlicher Psychotherapie ist z.B. bei den zukünftigen Schnittstellendefinitionen ePA und Praxisverwaltungssystem (PVS-Systeme) wichtig.
  7. Leistungserbringende dürfen nicht voll verantwortlich für dezentrale genutzte TI-Komponenten (z.B. Konnektoren) gemacht werden. Hier schließen wir uns der Position des bayr. Datenschutzbeauftragten Petri vom 24.04.2020 an: „Die Zielsetzung des Gesetzgebers ist es nach meinen Erkenntnissen, mit den Regelungen des § 307 Abs. 1, 4 und 5 SGB V-E eine Mitverantwortung der gematik für die dezentrale Zone der Telematik-Infrastruktur dem Grunde nach auszuschließen“.
  8. Die in die ePA eingefügten Daten sollen automatisch nach vorgegebem Fristablauf von z.B. drei oder fünf Jahren eine Sperrung erhalten, um Anhäufungen von Daten zu verhindern (eine Entsperrung einzelner Daten bleibt möglich – aber nur bei expliziter aktueller Entscheidung der Betroffenen). Für Diagnostik und Behandlung nicht mehr relevante Daten sollen in Absprache mit den Leistungserbringenden gelöscht werden.
  9. Bzgl. der Forschungsdatenfreigabe fordern wir eine Freigabe nur für wissenschaftliche Forschungszwecke zu erlauben. Wir schließen wir uns den Kritikpunkten der Bundesdatenschutzbeauftragten an. Im aktuellen Entwurf werden die Daten z.B. auch zum Zwecke der Vorbereitung politische Entscheidungen verfügbar gemacht.
  10. Der gesetzlich vorgesehenen Schlichtungsstelle muss eine neutrale Aufsichtsbehörde zugeordnet werden. Im Entwurf steht diese unter der Aufsicht des BMG. Dieses ist aber gleichzeitig der Mehrheitsgesellschafter der gematik, die beaufsichtigt werden soll.
  11. Bei allen relevanten TI-Prozessen sollen sowohl das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) als auch der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in Form von Einvernehmen beteiligt werden.
  12. Versicherte sollen bzgl. der Zugangsberechtigung von Betriebsärzlichen Strukturen zur TI gesonderte Informationen erhalten, da es sich hierbei um einen datenschutzrechtlich besonders kritischen Punkt handelt.
  13. Als Ombudsstelle zur ePA sollte eine neutrale Stelle eingerichtet werden (z.B. bei Landesdatenschutzbeauftrage, unabhängige Patientenberatung). Gemäß §342 Abs. 3 ist diese von den Krankenkassen einzurichten, was abzulehnen ist.
  14. Für Kinder und Jugendliche sind ePA-Anwendungen gesondert auszugestalten und sind bis dahin auszusetzten. Hierzu sollen medizinische als auch psychotherapeutische Fachverbände eine Konzeption entwickeln. Besonders zu beachten sind dabei die Zugriffsberechtigungen auf die ePA von Jugendlichen und deren Sorgeberechtigter sowie die besonderen Datenschutzaspekte bzgl.  einer lebenslangen Speicherung sensibler Gesundheitsdaten.

Ansprechpartner:
Susanne Berwanger, Vorstand VPP im BDP e.V.