Was sind Psy-RENA®-Nachsorgegruppen
Versicherte der Deutschen Rentenversicherungen haben nach einer (teil-)stationären psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme ein Anrecht auf eine ambulante Nachsorgebehandlung, die sie dabei unterstützen soll, das umzusetzen, was sie sich in der Rehabilitation erarbeitet haben.
In der Regel geschieht dies durch die Teilnahme an einem Gruppenangebot von bis zu 25 Gruppensitzungen, Vor- und Abschlussgespräch und bis zu fünf kürzeren Einzelgesprächen (z. B. im Krisenfall oder bei Themen, die nicht in der Gruppe behandelt werden können). Gruppenleitende sind approbierte Psychotherapeut*innen mit Erfahrung in der Rehabilitation oder nach Teilnahme an einem Qualifizierungsseminar. Die Zulassung wird bei der regionalen DRV beantragt.
Entstanden ist das Konzept der damals „ambulanten psychosomatischen Nachsorge“ als Ergebnis einer mehrjährigen Zusammenarbeit zwischen der damaligen LVA Hannover und der MHH seit 1994. Aus den Erfahrungen aller Beteiligten entstand das Buch „Ambulante psychosomatische Nachsorge. Integratives Trainingsprogramm nach stationärer Rehabilitation“ (Kobelt/Grosch/Lamprecht, 2002), aus dem auch Teile der hier dargestellten historischen Entwicklung entnommen sind.
In dieser Zeit gab es noch unterschiedliche praktische Ausgestaltungen bei den einzelnen Rentenversicherungen und unterschiedliche Bezeichnungen (Curriculum Hannover, IRENA). Heute sind die Regularien weitgehend einheitlich und das Konzept heißt bundesweit einheitlich „Psy-RENA“. Die Regelungen sind im Fachkonzept Psy-RENA® beschrieben und öffentlich zugänglich.
Aus Sicht der Autorinnen (Gudrun Danger, Sabine Bettinger und Sandra Cotta) ist die Arbeit als Gruppenleiterin absolut sinnvoll. Es macht viel Freude, die Teilnehmenden auf ihrem Weg zu begleiten, zu motivieren, den Austausch untereinander anzuregen und zu moderieren und so auch das Erleben von Solidarität und Verbundenheit zu unterstützen. Alle Teilnehmenden sind durch die Rehabilitation gut vorbereitet und motiviert. Je nach Bedarf der Teilnehmenden können die zusätzlich möglichen Einzelgespräche noch gezielter helfen bei z.B. Diagnostik, Therapieplatzsuche, beruflicher Integration oder aktuellen Krisen.
Warum eine Unterschriftenaktion?
Es gab unerwartete Rechnungskürzungen, bei deren Hintergrunderforschung sich herausstellte, dass – entgegen früherer Informationen und Praxis – die Unterbrechungsregelung im Fachkonzept, die wir bisher so verstanden und gehandhabt hatten, dass die Unterbrechung von mehr als sechs Wochen sich ausschließlich auf das Fehlen der Teilnehmenden bezieht, nun aufgrund von (nicht immer ganz einheitlichen) Aussagen von DRV-Mitarbeitenden jeglichen Ausfall einschließen sollte – auch Ausfall der Gruppenleitenden, egal aus welchem Grund, sowie Feiertage.
Die Tatsache, dass wir Gruppenteilnehmende aus der Gruppe ausschließen müssen (wenn wir nicht das Risiko eingehen möchten, dass die erbrachten Leistungen nicht honoriert werden), weil wir krank werden oder Urlaub haben und dadurch zur Fristüberschreitung beitragen (zusammen mit evtl. auf den Gruppentag fallenden Feiertagen!), konnten wir nicht verantworten und hinnehmen. Auch eine (auf Nachfrage) mögliche „Einzelfallentscheidung“ – die im Falle der Fristüberschreitung beantragt werden könne – erscheint uns nicht richtig und ausreichend, da es damit keine sicheren und transparenten Regeln gibt und die Beantragung unnötige Zeit kostet.
Wir (Gudrun Danger und Heike Frederking) haben daher eine Unterschriftenaktion für Gruppenleitende und -teilnehmende gestartet. Letztere sind die Hauptbetroffenen und wohl kaum in der Lage, sich in einem größeren Rahmen für ihre Interessen einzusetzen. Mit zu der Unterschrift aufgerufen wurde in den Newslettern des BDP und des VPP.
Es war mit sehr viel Arbeit und technischen Herausforderungen verbunden, E-Mailadressen der Gruppenleitenden bundesweit herauszufinden und alle anzuschreiben. Die Praxis der Abrechnung wird von den Sachbearbeitenden der verschiedenen Rentenversicherungsträger nicht einheitlich gehandhabt, so dass nicht alle Gruppenleitenden Kürzungen hatten und somit wohl auch nicht informiert waren.
Bis zum Übergabedatum am 22.7.2024 kamen 117 Leitenden-Unterschriften und 826 Teilnehmenden-Unterschriften zusammen. Unterstützt hat die Aktion die Psychotherapeutenkammer Hamburg, die Bundespsychotherapeutenkammer der BDP und die Sektion Verband psychologischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (VPP im BDP e.V.), wofür wir uns an dieser Stelle nochmals bedanken möchten.
Weitere Kritikpunkte
Wir haben weiterhin kritisiert bzw. gefordert, dass die Regelungen der Gruppendurchführung grundsätzlich eindeutig sein müssen und dass Änderungen rechtzeitig mitgeteilt werden sollten. Für sehr viele Gruppenleitende war es eine böse Überraschung, plötzlich Rechnungskürzungen aufgrund von Überschreitung der Sechs-Wochen-Frist zwischen Terminen zu haben. Sie mussten sehr viel Mühe und Zeit aufwenden, um die Kürzungen doch noch rückgängig zu machen – was in den meisten Fällen, die uns bekannt sind, auch gelang.
Es gab eine Rückmeldung der DRV, dass es keine Änderung gegeben habe, allerdings beziehen wir uns auf die von uns und anderen Gruppenleitenden in den vergangenen 1,5 Jahren praktisch erlebten Änderungen im Umgang mit Psy-RENA-Abrechnungen.
Die Rechnungsstellung kann erst nach Abschluss der 25 Sitzungen erfolgen, falls nicht vorzeitig abgebrochen wird. Dies bedeutet, dass man als Gruppenleitung lange, in der Regel 25 Wochen, auf sein Geld warten muss, während die Unkosten (Miete, Strom etc.) ja weiterlaufen. Besonders schlimm wird es dann allerdings, wenn nach der Rechnungsstellung, trotz Mahnung, immer noch kein Zahlungseingang erfolgt und es unter Umständen, was leider sehr häufig bei der DRV-Bund zu verzeichnen ist, monatelang bis zu einem halben Jahr und noch länger keine Honorierung erfolgt bzw. dann auch noch Zahlungen für Gruppenteilnehmende einfach einbehalten werden, weil andere rückwirkend unter die Unterbrechungsregelung gefallen sind.
Vor allem aber erfolgt keinerlei klare Rückmeldung bzw. kommen die Abrechnungen fraktioniert und sind so nicht nachvollziehbar. Dies alles garantiert kein sicheres, verlässliches Einkommen, sondern die Vorleistungen bedingen ein erhebliches finanzielles Risiko, dass dazu führt, dass viele der Leistungserbringenden mittlerweile keine oder kaum noch Gruppen anbieten, wobei die Nachfrage sehr hoch ist. Viele Gruppenleitende erhalten mindestens einen Anruf oder eine E-Mail täglich, ob Gruppenplätze vorhanden sind.
Einer der großen Vorteile, dass die Nachsorgeleistung auch von approbierten Kolleg*innen erbracht werden kann, welche nicht im Besitz einer Kassenzulassung sind bzw. nicht nach den KV-Richtlinien zur Gruppenbehandlung zugelassen sind, wird somit konterkariert, weil gerade diese Kolleg*innen ja ohne die Sicherheit der KV üblichen Vorauszahlung besonders auf einen pünktlichen und verlässlichen Zahlungseingang angewiesen sind. Fazit: Die Organisation der Gruppen ist zeitaufwändig, klappt oft nicht reibungslos und bedeutet im Anschluss auch noch einen hohen administrativen Aufwand mit dem Kostenträger sowie eine nicht hinnehmbare Unsicherheit und Wartezeit bei der Vergütung der Leistung.
Ergebnis und Fazit
Erfreulicherweise haben wir von DRV-Mitarbeitenden die Rückmeldung bekommen, dass geplant sei, im nächsten Jahr die Unterbrechungsregelung aus dem Fachkonzept Psy-RENA® herauszunehmen und die Verantwortung für Abbrüche in die Hand der Gruppenleitenden zu legen.
Frau Bettinger unterstützte die Unterschriftenaktion, indem sie die Thematik mit der Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer, Dr. Andrea Benecke, besprach und auf die Lage hinwies. In einem Termin mit der Deutschen Rentenversicherung brachte Frau Dr. Benecke dieses Thema zusätzlich ein. Dabei wurde seitens der DRV bestätigt, dass die Vorgaben bezüglich der Unterbrechungsregelung bis zum ersten Halbjahr 2025 überarbeitet werden sollen. Zusätzlich wurde überlegt, dass eine gemeinsame Fortbildungsveranstaltung bzw. ein Runder Tisch mit Psy-RENA-Beteiligten zu verschiedenen Themen sinnvoll sein könnte, um weitere Verbesserungen an dem Konzept gemeinsam anzugehen.
Unserer Einschätzung nach hat die Unterschriftenaktion sich gelohnt, auch wenn auf die eigentliche Übergabe der Unterschriften keine Reaktion seitens der DRV erfolgte. Denn, dass die Unterbrechungsregelung aus dem nächsten Fachkonzept Psy-RENA entfernt werden und die Verantwortung für deren Regelung in die Hand der Gruppenleitenden gelegt werden soll, wurde dadurch stark untermauert. Außerdem ist das Thema durch die Aktion stärker in das Bewusstsein von Verantwortlichen und Fachkolleg*innen gerückt.
Gudrun Danger, Sabine Bettinger und Sandra Cotta