Der Bundesvorsitzende des VPP, Marcus Rautenberg, kommentierte in einem „Focus“-Artikel das neue Fernsehformat „Der Wandertherapeut – Lebenshilfe zum Mitnehmen“ des Südwestrundfunk (SWR), das seit Mittwoch, dem 12. August 2015, ausgestrahlt wird.
Beratung vor laufender Kamera
Im Rahmen der neuen TV-Doku geht der Psychologe und Psychotherapeut Harald Krutiak auf die Straße und berät vor laufender Kamera zufällig vorbeikommende Passanten bezüglich ihrer spontan geäußerten Alltags- und Lebensprobleme. Als „Lebenshilfe zum Mitnehmen“ bezeichnet die verantwortliche Redakteurin, Sylvia Storz, auch verantwortlich für das erfolgreiche TV-Format „Make Love“ (MDR bzw. ZDF), die Sendung. Krutiak, der mit eigener Praxis in Berlin als Psychologe und Psychotherapeut arbeitet, behandele in der Sendung menschliche Themen auf unterhaltsame Weise.
VPP äußert sich zum TV-Experiment
„Aus fachlicher Sicht sehen wir das ambivalent“, sagt Marcus Rautenberg, Bundesvorsitzender des VPP, im „Focus“ zum neuen Format. Auf der einen Seite senke „Der Wandertherapeut“ die Hemmschwelle und gebe die Möglichkeit, sich unkompliziert einem Experten anzuvertrauen. Auf der anderen Seite bestehe die Gefahr, dass es zu Enttäuschungen komme. Denn der TV-Psychologe wecke Erwartungen, die er nicht erfüllen könne, weil er nicht dauerhaft an dem Problem und an den Betroffenen dranbleibe. „Der Großteil der Menschen, mit denen wir es zu tun haben, leidet unter schwerwiegenden Problemen und Krankheitsbildern“, so Rautenberg. Sie benötigten eine langfristige Psychotherapie, die eine Fernsehsendung natürlich nicht leiste. Bei Alltagsproblemen und vergleichsweise kleinen menschlichen Nöten könne der TV-Psychologe jedoch möglicherweise helfen.
Eher Beratung als Therapie
Der VPP betont zudem, dass das im TV-Format „Der Wandertherapeut“ dargestellte Angebot, trotz seines irreführenden Namens, mit einer Psychotherapie weniger zu tun habe als mit einer niederschwelligen psychologischen Beratung: Möglich seien in diesem Rahmen zum Beispiel eine Sozialberatung oder die Herstellung eines Kontakts zu einer Beratungsstelle bzw. zu einem Therapeuten zwecks Klärung einer Therapieaufnahme. Therapeutische Maßnahmen hingegen seien nicht möglich – dagegen sprächen diverse gesetzliche Gebote, wie etwa das der Schweigepflicht, sowie auch die Berufsordnung. Auch könne und dürfe der „Wandertherapeut“ keinerlei Heilungsversprechen machen.
Kein Ersatz für eine Therapie
Grundsätzlich begrüßt der VPP alle zusätzlichen Angebote niederschwelliger psychologischer Beratung. Allerdings dürften diese nicht dazu führen, die notwendigen Änderungen zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung – vor allem eine adäquate Anpassung der Bedarfsplanung – aus den Augen zu verlieren. Angebote, wie sie in der Sendung vorgestellt werden, können kein Ersatz für eine ambulante Psychotherapie bei psychischen Erkrankungen sein.
Der Bericht bei „Focus Online“
www.focus.de