Am 17. März 2012 fand das 2. AVP Symposium zum Thema „Therapeutische Passung. Aus der Erfahrung zur Therapie – muss ich jeden Patienten behandeln können?“ statt. Rund 130 Teilnehmer hatten sich trotz des ersten strahlenden Frühlingstags in der FU Berlin eingefunden, um zu diesem Thema in sechs Workshops zu arbeiten. Zwei hochkarätige Vorträge bildeten den Rahmen des Workshop-Programms.
In ihren kurzen einführenden Worten erläuterten Heinrich Bertram, Vizepräsident des BDP und Mitglied der AVP und Eva-Schweitzer-Köhn, Bundesvorsitzende des VPP im BDP, das Thema der Veranstaltung: therapeutische Passung. „Die empirische Forschung hat bisher lediglich die Komplexität der therapeutischen Passung aufgedeckt,“, führte Heinrich Bertram in das Thema ein, „aber empirisch letztlich nicht ausreichend geklärt.“ Da auch die Passung zwischen Patient und therapeutischem Verfahren ein wichtiger Aspekt der Passung ist, betonte Bertram die Offenheit der AVP für alle wissenschaftlich etablierten Verfahren und lud die Kollegen in Ausbildung und aus der Praxis zur Diskussion ein. Eva-Schweitzer-Köhn stellte den Bezug zu einer der ersten Publikationen rund um die Passung von Orlinsky & Howard her. „Unseres Wissens nach ist dies bundesweit die erste Tagung zu diesem Thema“, so Schweitzer-Köhn, und das Interesse von Kollegen in der Ausbildung und der Praxis daran sei hoch.
Von den Details der Passung im therapeutischen Gespräch …
Den einleitenden Fachvortrag hielt Prof. Michael Buchholz, Gastprofessor an der IPU, Sprecher des Graduiertenkollegs "Qualitative Psychotherapieforschung" an der Universität Hildesheim, apl. Prof. am Fachbereich Sozialwissenschaften der Univ. Göttingen und derzeit Vertretungsprofessor für Psychoanalyse an der Univ. Kassel. In seinem Vortrag „Von Angst bis Zwang, von A bis Z – Welche Kräfte man für schwere Störungen gut gebrauchen kann“ fokussierte er auf die Details, an denen sich im therapeutischen Gespräch ein akutes Problem der Passung aufzeigen kann. „An den Details zeigt sich das Unbewusste, das vernommen werden will“, so die analytische Argumentation, daher auch ein Plädoyer für eine genaue Beobachtung: „“Beobachtung ist erste Therapeutenpflicht, und zwar eine Beobachtung, die sich nicht nur für das erzählte interessiert, sondern die beachtet, dass auch wir Therapeuten von den Patienten beobachtet werden.“ An Beispielen wie hysterischen, depressiven, zwanghaften, masochistischen Mustern und Mustern der Borderline-Störung zeigte er Interaktionsmuster und geeignete oder vom Patienten erzwungene emotionale Positionen zur Beobachtung auf.
… über methodische Vielfalt in den Workshops ….
Anschließend begann die gemeinsame fachliche Arbeit in jeweils drei aufeinanderfolgenden Workshops. Vertreten waren dabei die Körperpsychotherapie, klärungsorientierte Psychotherapie, psychodynamische Psychotherapie und die Gesprächspsychotherapie. Ein weiterer Workshop drehte sich um die Passung durch Interaktionsresonanz in der Kindertherapie und das Thema Passung in der Sexualtherapie.
… hin zum aktuellen empirischen Wissen rund um die Passung
Den Abschlussvortrag, betitelt: „Passung zwischen Klient/-in und Therapeut/-in, empirische Befunde und persönliche Erfahrungen“, wurde von Professor Dr. Kirsten von Sydow, Psychologische Hochschule Berlin gehalten. Ihr hoch informativer Vortrag enthielt aktuelle empirische Befunde aus der empirischen Therapieforschung und schloss mit Reflexionen zu ihrem persönlichen Umgang mit Passung. Die Anregung, über die Präsentation des eigenen therapeutischen Könnens und Vorgehens nachzudenken, über bewusste oder unbewusste Selektion von Patienten und Gründe für Therapieabbrüche zu reflektieren waren sicher eine sehr gut umsetzbare Anregung für die in eigener therapeutischer Praxis tätigen Kollegen.
In der abschließenden Podiumsdiskussion gaben alle Vortragenden und Mitwirkenden des Tages ihr persönliches Resumee zum Thema Passung. Eine umfassende Berichterstattung hierzu finden Sie in der Juli Ausgabe des VPP aktuell. An dieser Stelle sei zum Ergebnis der Podiumsdiskussion nur so viel gesagt: Vor dem Hintergrund der aktuellen berufspolitischen Lage wurde das Thema Passung auch berufspolitisch aufgefasst. Gerade das Thema Verfahrensvielfalt und Integration der therapeutischen Ansätze bot Zündstoff, sowohl für Kollegen in Ausbildung als auch praktisch tätige Kollegen. Dr. Peter Freytag, PiA Vertreter fand dafür die passenden Worte: „Wir erleben in dieser Diskussion, wie notwendig die berufspolitische Diskussion ist.“ Er bedauerte, dass die Zeit zur berufspolitischen Diskussion gerade jetzt gegen Ende des Symposiums fehlte – und lud die Teilnehmer zur weiteren aktiven Diskussion ein. Der VPP wird dem Thema Verfahrensvielfalt die nächste Ausgabe des VPP aktuell widmen.