Knapp 100 Teilnehmende, hervorragende Referate und eine engagierte Stimmung: Der digitale Angestelltentag am 27.10.2022 war ein voller Erfolg. Im Zentrum standen die Themen "Auswirkungen Personalrichtlinie Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-RL)“ sowie „Arbeiten an einem MVZ“.
Arbeiten an einem MVZ
Mareike van Diepen, Psychologische Psychotherapeutin (PP), seit sechs Jahren in einem MVZ angestellt, berichtete über die zunehmende ambulante Versorgungsform „Medizinische Versorgungszentren (MVZ)“ im GKV-System: Mittlerweile gibt es fast 5.000 MVZ in Deutschland – 256 davon mit psychotherapeutischer Beteiligung. Vor allem in Bayern gibt es zunehmende Anstellungen in psychotherapeutischen MVZ. Van Diepen und Uschi Zwick, Gewerkschaftssekretärin ver.di, beleuchteten die Hintergründe und berichteten auch über die Vor- und Nachteile, die Anstellungen in einem MVZ mit sich bringen: z. B. variable, umsatzabhängige Honorierung, fehlende Tarifbindung, fehlende Mitbestimmung/Interessenvertretung vs. guter Austausch, kollegiale Zusammarbeit und Entlastung durch administrative Zusatzaufgaben. Zwick empfahl vor Vertragsunterzeichnung mit einem MVZ eine arbeitsrechtliche Beratung und Austausch im Kollegenkreis. Sie erinnerte an die Wichtigkeit einer Interessenvertretung oder die Gründung eines Betriebsrates.
Auswirkungen Personalrichtlinie Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-RL)
Dr. Andrea Keller, leitende PP einer Tagesklinik, gab einen Überblick über die vielfältigen psychosomatischen stationären Versorgungsstrukturen. Sie arbeitet seit 24 Jahren angestellt. An psychosomatischen Einrichtungen zeigen sich Probleme: So fehlt es an gesichertem hochqualifizierten psychotherapeutischen Personal (in der Regel handelt es sich hier um PPs) für intensive Behandlungskonzepte. Die PPP-RL fordert lediglich Psychologinnen und Psychologen (in Ausbildung (PiA)) und ärztliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten - diese sind aufeinander anrechenbar. Ärztliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gebe es jedoch zu wenig, weshalb eine Tendenz zu „günstigen“ PiA zu befürchten sei und Einrichtungen hierdurch die Möglichkeit haben, Kosten einzusparen.
Prof. Monika Sommer, leitende Psychotherapeutin und Vorstandsmitglied der PTK Bayern, beleuchtete u.a. die unangemessenen Mindestvorgaben der PPP-RL zur Behandlung am Beispiel depressiv Erkrankter auf einer psychiatrischen Regelstation: 49 Minuten pro Woche umfassende psychologisch/psychotherapeutische Leistungen – also auch Telefonate, Visiten, Besprechungen, Diagnostik und Psychotherapie. Eine psychotherapeutische Behandlung (ca. 30 Minuten pro Woche) ist unter diesen Vorgaben nicht möglich.
Im Rahmen rückliegender Anpassungen der sogenannten Operationen und Prozedurenschlüssel (OPS) zur Abrechnung der Leistungen im stationären Setting gab es zudem für die Berufsgruppe Psychologischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ungute Änderungen, die dazu führen, dass approbierte psychotherapeutische Behandlerinnen und Behandler oftmals kaum mehr eigenverantwortlich in der Psychiatrie und an Institutsambulanzen arbeiten können.
Uschi Zwick, Gewerkschaftssekretärin ver.di, bestätigte Hinweise einer Verschlechterung der Versorgung schwer psychisch Erkrankter in Psychiatrien durch Umfrageergebnisse des Versorgungsbarometers Anfang 2022: 68,8 Prozent der Beschäftigten bewerteten ihre Zeit zur Patientenversorgung als zu knapp bis viel zu gering. Zwick plädierte mehrfach: Gemeinsam sind wir stark. Gewerkschaftliches Engagement sei unbedingt wichtig, um geschlossen gegen unangemessene Rahmenbedingungen für Patientinnen und Patienten und ihre Behandelnden vorzugehen.
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Susanne Berwanger
Vorsitzende VPP im BDP e. V.