Die Abgeordneten Friedrich Merz und Alexandra Dobrinth sowie die CDU/CSU-Fraktion als Ganzes konfrontierten die Bundesregierung am 28.04.2023 mit einer umfassenden kleinen Anfrage zum Thema Weiterentwicklung der Qualitätssicherung in der Psychotherapie (Drucksache 20/6616). Die Anfrage ist fachlich umfangreich und fundiert, die Motivation der CDU/CSU-Fraktion, sich derart intensiv mit der Materie zu beschäftigen unklar, zumal es ein CDU-Minister war, der seinerzeit mit dem Psychotherapie-Ausbildungsreformgesetz das Gutachterverfahren zum Stichtag 31.12.2022 abschaffen wollte.
Die Fragesteller betonen in ihrer Vorbemerkung, Psychotherapie gehöre zu den wissenschaftlich, medizinisch und sozialrechtlich anerkannten Heilbehandlungen. Qualitätssicherung (QS) sei in vielfältige Weise ein fester und selbstverständlicher Teil dieser Gesundheitsleistungen. Die mit dem Gutachterverfahren verbundene Vorab-Wirtschaftlichkeitsprüfung gewährleiste für die Patient:innen die Sicherheit, dass ihre psychotherapeutische Behandlung in einem festen und verbindlichen Rahmen stattfinde, die Anzahl der Behandlungsstunden werde sichergestellt. Für Psychotherapeut:innen bedeute das bisherige Verfahren Honorarsicherheit für die erbrachten Leistungen, für die Krankenkassen, dass die Leistungen rechtmäßig abgerufen werden könne. Eine komplizierte mögliche nachträgliche Überprüfung der Leistungspflicht („Regress“) entfalle. Sie stellen einen deutlichen Unterschied zwischen dem alten Antrags- und Gutachterverfahren und dem neuen QS-Verfahren fest: Ersteres sichere vor allem den Therapierahmen, zweiteres ziele vor allem auf die Ergebnisqualität. Damit zeigen sie, dass sie die Materie intensiv studiert haben und sprechen vielen besorgten Kolleg:innen aus dem Herzen.
Die Bundesregierung jedoch kontert, dass man dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) die Ausgestaltung und Umsetzung der Qualitätssicherung der medizinischen Versorgung in eigener fachlicher Verantwortung übertragen habe und wiederholt diesen Hinweis fast gebetsmühlenartig bei der Beantwortung der einzelnen Fragen. Der G-BA erfahre seinerseits bei der Entwicklung und Umsetzung Unterstützung durch das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), die Beratungen des G-BA zu dem QS-Verfahren „Ambulante psychotherapeutische Versorgung gesetzlich Krankenversicherter“ dauerten aktuell noch an. Das QS-Verfahren soll in die Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (DeQS-RL) eingefügt werden. Außerdem wird erläutert, dass die Richtlinien des G-BA dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vorgelegt würden, das BMG könne diese beanstanden, wenn sie sich als rechtswidrig erwiesen. Es sei demgegenüber nicht befugt, vom G-BA getroffene medizinisch-fachliche Bewertungen durch eigene, ggf. abweichende fachliche Einschätzungen zu ersetzen.
Diese Regelung ist grundsätzlich sinnvoll, weil sie sonst das Konzept der Selbstverwaltung aushebeln würde. Allerdings: Der Austausch des Gutachterverfahrens gegen ein QS-Verfahren entsprang einem Bundesgesetz, der G-BA wurde lediglich mit der Umsetzung dieses möglicherweise nicht bis zum Ende durchdachten Vorstoßes des damaligen Gesundheitsministers Jens Spahn betraut.
Bezüglich der Sicherstellung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung, die im Rahmen der Kleinen Anfrage ebenfalls thematisiert wird, verweist die Bundesregierung auf die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) sowie die Psychotherapierichtlinie. Außerdem verweist sie auf den Koalitionsvertrag, demnach die psychotherapeutische Versorgung insbesondere für Patient:innen mit schweren und komplexen Erkrankungen verbessert und der Zugang zur neu geschaffenen Komplexversorgung sichergestellt werde. Dabei spart sie aus, dass im Koalitionsvertrag noch die Rede von einer grundsätzlichen Verbesserung der Versorgung inkl. Reform der Bedarfsplanung die Rede war – das ist jedoch bezüglich der Qualitätssicherung nicht das zentrale Thema.
Hier finden Sie die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU: Weiterentwicklung der Qualitätssicherung in der Psychotherapie (Drucksache 20/6856)
Dr. Johanna Thünker