Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Stakeholdertreffen "Suchtgrundsätze Bayern"

Am 7.6.2024 fand das 3. Stakeholdertreffen "Suchtgrundsätze Bayern" am Bayerischen Gesundheitsministerium von 10 Uhr bis 14 Uhr unter der Leitung von Frau Dr. Decker (Referatsleitung R54 Suchtprävention) stattCa. 50 Teilnehmende aus verschiedenen Leistungserbringerbereichen (KVB, Bezirkskliniken, Selbsthilfe, Jugendhilfe, PTK Bayern, BDP/VPP…) nahmen daran teil. Der VPP war mit der Vorsitzenden Susanne Berwanger sowie mit Johannes Zimmermann (VPP-Suchtexperte) eingeladen und hatte sich im Vorfeld aktiv eingebracht.

Seit 2007 wurden die staatlichen Grundsätze zu Suchtfragen nicht überarbeitet. Nicht zuletzt wurde eine Überarbeitung notwendig aufgrund der Bundesgesetzgebung (Cannabis) und neuer Gewohnheiten, wie z. B. die verstärkte Lachgasnutzung bei Kindern und Jugendlichen.

2021 wurde ein erstes Eckpunktepapier vom Ministerium entwickelt und es fand dazu ein erstes Stakeholdertreffen statt, ein zweites folgte 2022. Neben LGL und Experten ist das Stakeholdertreffen mit Leistungserbringenden nur ein „kleines“ beratendes Gremium und Element bei der Erarbeitung der Grundsätze. Nun, nach den Landtagswahlen 2023, erfolgte das dritte Treffen zur Abstimmung des finalen Entwurfes, der zuletzt der Bayerischen Staatsregierung zur Genehmigung vorgelegt wird.

Hier ein Auszug aus den wesentlichen Zielbereichen der novellierten Suchtgrundsätze:

  • Suchtfreies Aufwachsen und Leben bestärken
  • Gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen schaffen
  • Reduktion Konsum von Suchtmitteln, Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs und den Erstkonsum zeitlich hinauszögern
  • Konsum illegaler Suchtmittel vermeiden und für Risiken sensibilisieren
  • Saver Use: riskante Konsummuster reduzieren
  • Frühzeitige effektive Hilfen im Sinne einer Suchtarbeit und Schadensreduzierung
  • Uneingeschänkter niederschwelliger Zugang zu Hilfestrukturen
  • Vulnerable Gruppen vor Auswirkungen schützen
  • Teilhabe und Selbstbestimmung ermöglichen

Betont wurde von den Ministeriumsvertretungen, dass eine Neudiskussion der Grundsätze eine Wiederbeachtung des Themas Sucht und Prävention in den Landesministerien und der Staatsregierung fördere. Prospektiv wäre es wichtig, hier z. B. Prozessevaluationen einzuführen, analog des neuen bayerischen Psychiatrieberichtes. Informiert wurde zudem darüber, dass ein neuer bayerischer Präventionsplan erstellt werden soll. Eine Auftaktveranstaltung wird im Juli 2024 stattfinden.

Nach der Vorstellung der Grundsätze wurde u. a. über folgende Punkte kritisch diskutiert:

  • Stigmafreie Sprache und Stigmatisierung abbauen ist noch zu wenig repräsentiert in den Maßnahmen. Zu diesem Thema gibt es ein Memorandum der Deutschen Suchtgesellschaft. Ein Problem dabei ist, dass substituierende Ärzt*innen und Behandelnde oftmals auch stigmatisiert werden und es an nachfolgenden engagierten Leistungserbringenden fehlt  - die Generation der „engagierten substituierenden Ärzt*innen stirbt aus“ (Beitrag KVB). Betreffend Entstigmatisierung sollten konkrete Maßnahmen angebahnt werden.
  • Wissenschaftliche Evaluation: Durch den BDP/VPP wird auf die Bedeutung einer wissenschaftlichen Evaluation der angestrebten Maßnahmen hingewiesen – z. B. auch zu den Auswirkungen der neuen Bundesgesetzgebung zu Cannabis.
  • Ausbau psychotherapeutischer Behandlungsplätze: Positiv ist, dass dieses Ziel  formuliert ist und dass Psychologische Psychotherapeut*innen und Mediziner*innen gezielter suchtspezifisch ausgebildet werden.
  • DigiSucht-Grundsätze: Durch eine neue Plattform soll eine digitale Suchtberatung mit Informations- und Hilfepattformen veröffentlicht werden.
  • Neue Förderrichtlinie Jugendsuchtberatung: Bayrische Kommunen können ab sofort einen Antrag auf finanzielle Beratungsförderung stellen.

Die von Suchtexpert*innen und auch der PTK Bayern geforderte Umsetzung freier Drogenkonsumräume wird von der Bayerischen Staatsregierung abgelehnt. Auch „neuere“ DrugChecking-Konzepte aus öffentlich rechtlicher Hand werden von der ihr abgelehnt. Kritisch ist auch zu sehen, dass Maßnahmen zum Entgegenwirken eines hohen und steigenden Alkoholkonsums nicht in den Fokus genommen werden. Auch hier hat sich der VPP aktiv bei der Diskussion eingebracht.

Susanne Berwanger

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