Am 18. und 20.September 2024 hatte das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) zu zwei dreistündigen, aufeinander aufbauenden Online-Veranstaltungen eingeladen. Es handelte sich dabei um die erste sogenannte Regionalkonferenz im Rahmen des Modellprojektes zur Erprobung des Qualitätssicherungsverfahrens ambulante Psychotherapie (QS AmbPT).
Am Modellprojekt beteiligt sind über 6.000 niedergelassene Psychologische und Ärztliche Psychotherapeut*innen, an der Konferenz teilgenommen haben jeweils rund 3.000 Personen. Es gab die Möglichkeit, bei vorheriger Registrierung, im Nachgang Zugriff auf eine Aufzeichnung der Veranstaltung zu bekommen. Fortbildungspunkte wurden keine beantragt.
Im Vorfeld der Veranstaltung hatten wir dem IQTiG einen Austausch vorgeschlagen, um eine möglichst zielgruppenorientierte Veranstaltung durchführen zu können. Diesem Vorschlag kam das IQTiG nicht nach. Die Veranstaltung selbst war professionell organisiert, der Livestream funktionierte technisch gut, die Redner*innen waren gut vorbereitet und es gab die Möglichkeit, Fragen im Chat zu stellen. Allerdings wurden nicht alle Fragen freigeschaltet und noch viel weniger beantwortet, was zu ausgeprägtem Unmut vieler Teilnehmenden führte.
Inhaltlich war die Veranstaltung wenig überraschend und umso mehr frustrierend. Das IQTiG stellte das angestrebte Projekt als sinnvoll, wohl elaboriert und gut durchführbar durch – eine Wahrnehmung, die sich mit unserer bisherigen Einschätzung leider wenig deckt. Für einige Themen fühlt sich das IQTiG auch nicht zuständig, wie z.B. für (gute) Softwarelösungen oder gar erfolgreiche Finanzierungsverhandlungen mit den Krankenkassen, um den entstehenden Aufwand zu kompensieren.
Ein Punkt, der nicht zufriedenstellend beantwortet werden konnte, war die Frage nach der Notwendigkeit einer zusätzlichen Qualitätssicherung. Einerseits stünde der Berufsstand „nicht unter Generalverdacht“, andererseits gäbe es schon Probleme. Hier wurde unterschieden nach Alter und Fachkunde der Therapeut*innen, was für einigen Widerspruch im Chat sorgte. Außerdem gingen die Begrifflichkeiten von Qualitätssicherung im Sinne der Sicherung von Mindeststandards und Qualitätsverbesserung – die gesetzlich ja durchaus angestrebt wird, zum Teil durcheinander.
Methodisch blieb fraglich, ob die vorgestellten Messinstrumente Qualität wirklich valide und reliabel messen und mit welchem potentiellen Nutzen für die Versorgung. Auf konkrete Fragen zur Methodik wurde nur oberflächlich eingegangen. So erfuhren die Teilnehmenden beispielsweise auf Nachfrage nicht, warum man davon ausgeht, dass Risikoadjustierung (die Berücksichtigung bestimmter Variablen wie komorbide Diagnosen, die systematisch Einfluss auf die Ergebnisse haben können), nur für Ergebnisvariablen relevant sei – und damit für die Falldokumentation keine Bedeutung hat. Auch Hinweise auf mögliche Risiken für Patient*innen, z.B. durch die postalische Zusendung der Befragung, wurden heruntergespielt oder ignoriert.
Ganz offensichtlich hingegen wurde, dass der zeitliche und finanzielle Aufwand des Verfahrens immens hoch ist, mit einem potentiellen Nutzen in keinem Verhältnis steht und dass das IQTiG dieser Tatsache wenig Bedeutung zumisst. Allein durch die Regionalkonferenz kam es zu Ausfällen in den Praxen (3000 Therapeut*innen x 6 Stunden = 18000 ausgefallene Therapiesitzungen) zum Nachteil der nicht versorgten Patient*innen und zum finanziellen Nachteil der teilnehmenden Psychotherapeut*innen. Ein kleiner Trost wäre es gewesen, wären wenigstens Fortbildungspunkte beantragt worden, aber dieser Aufwand war dann wohl dem IQTiG zu hoch.
Dr. Johanna Thünker