Pressemitteilung des VPP
Praxissitze abzubauen schafft keine bessere Versorgung. Der VPP kritisiert den möglichen Abbau psychotherapeutischer Praxissitze in sogenannten „überversorgten“ Gebieten.
Im Oktober wurde ein „abteilungsinterner Arbeitsentwurf“ für das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegt. Geplant ist diesem zufolge eine Überführung der bisherigen „Kann“-Regelung zum Stilllegen und Aufkauf von Arztpraxen in sogenannten „überversorgten“ Gebieten durch die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung in eine „Soll“-Vorgabe. Der Gesetzgeber beabsichtigt folglich eine Erschwerung von Verkäufen ganzer oder halber Praxen vor allem in Ballungszentren. „Wartezeiten für psychisch erkrankte Patienten verkürzen zu wollen und gleichzeitig Vorkehrungen zu treffen, damit Praxissitze abgebaut werden können, ist absurd“, kommentiert Eva-Maria Schweitzer-Köhn aus dem Bundesvorstand des VPP im BDP. Die seit 1999 in der Bedarfsplanung vorhandenen Konstruktionsfehler würden damit weiter fortgeschrieben – und im schlimmsten Fall die Versorgung verschlechtert. Der Status quo decke trotz sogenannter Bedarfsplanung ohnehin nicht den Bedarf ab. Jetzt noch Praxen abbauen – laut Berechnung der Bundespsychotherapeutenkammer bis zu 7.400 bundesweit – sei der falsche Weg.
Viel wichtiger wäre nach Ansicht des VPP eine Regelung im Entwurf, mit der im System eine Pflicht zur regelmäßigen Prüfung des Angemessenheitsgebots zeitgebundener psychotherapeutischer Leistungen festgeschrieben wird. Diese fehlt leider immer noch.
Auch die im vorliegenden Vorentwurf geforderte Förderung von Gruppentherapien sei mit Vorsicht zu genießen. „Grundsätzlich ist gegen Gruppenpsychotherapien nichts einzuwenden“, so Schweitzer-Köhn, „allerdings muss weiterhin im Fokus bleiben, dass sie nicht für jeden Patienten und jedes Störungsbild geeignet sind.“
Eine weitere im GKV-VSG dargestellte Idee zur Verringerung der Wartezeiten ist die Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, in denen ein Erstgespräch und eine individuelle Beratung über verschiedene Versorgungsangebote erfolgen soll. „Doch was passiert, wenn in der Sprechstunde ein Behandlungsbedarf festgestellt wird?“, hinterfragt Eva-Maria Schweitzer-Köhn. „Wer soll diesen erfüllen, wenn die Wartelisten lang sind und keine zusätzlichen Behandler zugelassen werden? Eine strukturelle Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung mit Sprechstunden und flexibleren Behandlungsmöglichkeiten ist sehr sinnvoll und notwendig, aber nicht aus den vorhandenen sowieso schon knappen Ressourcen zu schaffen.”
Psychische Erkrankungen entwickeln sich längst zu Volkskrankheiten mit hohen Folgekosten beim Krankengeld und bei Frühberentungen – während der prozentuale Anteil der Ausgaben für psychotherapeutische Behandlungen nur etwa sieben Prozent der Gesamtausgaben für die ambulante Behandlung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherungen ausmacht. „Eine Erhöhung der Investitionen für die Versorgung psychisch kranker Menschen“, so betont Schweitzer-Köhn, „muss daher verhältnismäßig gesehen werden.“ Sie werde zudem zu Einsparungen an anderer Stelle im Gesundheitssystem oder bei anderen gesellschaftlichen Kosten führen – ganz abgesehen von dem Leid, das betroffenen Menschen und deren Angehörigen erspart bleibe.
Der Verband Psychologischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (VPP) vertritt als Sektion des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) seit 1993 die berufspolitischen Interessen Psychologischer Psychotherapeuten in Deutschland.