Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Positionspapier: Gute psychotherapeutische Versorgung

Bezüglich der psychotherapeutischen Versorgung „hakt“ es an verschiedenen Stellen. Die ambulan­te Versorgung ist geprägt von einer quantitativen Unterversorgung mit großen regionalen Unterschieden. Im Bundesdurchschnitt lag die Wartezeit auf einen Therapieplatz 2018 bei rund 20 Wochen (BPtK, 2018). Die Vernetzung innerhalb des ambulanten Sektors ist ebenso unzureichend wie die Übergänge zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Stationäre Behandlungen könnten oftmals abgefangen werden, wenn Patientinnen und Patienten angemessen ambulant versorgt werden könnten. In den Kliniken ist dabei der Anteil an Psychotherapie durch approbierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten oftmals so gering, dass eine leitlinienkonforme Behandlung in der Regel nicht erfolgen kann. Gerade auch dann, wenn in der PsychPV des G-BA vom 27.03.2020 nur von Psychologinnen und Psychologen gesprochen wird und nicht zwischen dem psychologischen vs. psychotherapeutischen Beruf differenziert wird.

Auch auf Behandelndenseite geht es nicht gerecht zu. Es herrscht kein Fachkräftemangel wie in einigen Bereichen der Medizin. Trotzdem finden gut qualifizierte Kolleginnen und Kollegen keinen Kassensitz, da der Bedarf rechnerisch gedeckt ist. Die vertragstherapeutisch niedergelassen PPs und KJPs werden aufgefordert, trotz voller Wartelisten Menschen zusätzlich über die Termin-Service-Stellen anzunehmen. Gleichzeit wird außervertragliche Psychotherapie infolge des Termin-Service- und Versorgungsgesetz nur noch selten bewilligt, obwohl die Ratsuchenden oftmals nicht an Kassenpraxen vermittelt werden können. Und für angestellte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erfolgt trotz gleichwertiger Qualifikation keine Vergütung analog Ihrer fachärztlichen Kolleginnen und Kollegen.

Es ist also viel zu tun!

Die psychotherapeutische Versorgung muss im Ganzen gedacht werden, nicht nur für komplex chronisch Kranke, sondern für alle Patientinnen und Patienten. Eine gute Vernetzung aufbauend auf den Erfahrungen verschiedener Modellprojekte soll erfolgen (z.B. Neurologisch-psychiatrisch und psychotherapeutische Versorgung, NPPV in Nordrhein).

Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (PP) sowie Kinder- und Jugend­lichen­psychotherapeutinnen und –therapeuten (KJP) sind therapeutisch hoch qualifiziert. Ihre Ausbildungsanforderungen sind deutlich höher als die ihrer ärztlichen Kolleginnen und Kollegen. Sie verfügen über ausgezeichnete Fähigkeiten im Bereich der Diagnostik, Indikationsstellung, Therapie­planung und -durchführung. Durch ihre psychologische Grundausbildung haben sie zusätzliche Kompetenzen in den Bereichen Kommunikation, strategischem Denken und wissenschaftlich fun­dier­­ter Prozessevaluation erworben.

Forderungen:

  • Eine Reform des Gesundheitswesens, die eine integrierte Versorgung ermöglicht, statt einzelne Probleme mit Detaillösungen zu reparieren versucht.
  • Die Zulassungen niedergelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten am realen Bedarf zu orientieren (vgl. BPtK-Studie zu Wartezeiten und IGES-Gutachten) und die Bedarfsplanung entsprechend anzupassen.
  • Im stationären Bereich muss eine leitliniengerechte Behandlung durch approbierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gewährleistet sein. Um dies zu realisieren, sind die Minutenwerde der psychotherapeutischen Maßnahmen auszubauen und die PPP-Richtlinie entsprechend anzupassen.
  • Eine angemessene Vergütung zusätzlicher wertvoller Arbeit, die PPs und KJPs in dieser integrierten Versorgung leisten werden. (z.B. Abstimmung im multiprofessionellen Team)
  • Eine Gleichstellung von PP und KJP mit Fachärztinnen und Fachärzten in den Kliniken.

Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Leitungsfunktion sind leitenden Oberärztinnen und -ärzten gleichzusetzen und mindestens mit EG 15 zu entlohnen.

Johanna Thünker & Hans-Jürgen Papenfuß
(VPP-Vorstand)