Kommentar unseres Justiziars zum verabschiedeten Gesetz DVPMG
(Hintergrund: Das Digitale Versorgung-Pflege und Modernisierungsgesetz DVPMG wurde am 06.05.2021 im Bundestag beschlossen; VPP und BDP hatten ausführlich hierzu Stellung bezogen und etliche Regularien kritisiert.)
Zu begrüßen ist die Ausdehnung von telemedizinischer Behandlung auch auf Gruppenpsychotherapie und Akutleistungen. Insbesondere in der andauernden Corona-Pandemie ist das überfällig.
Auch BDP und VPP haben eine verlängerte Erprobungsphase von DiGA, die zur Zeit hauptsächlich psychisch Kranke betreffen, kritisiert und diese Regelung ist nun aus dem Gesetz genommen worden, auch weil der Bundesrat das beantragte. Die Begründung der Ausschussempfehlung zu § 139e Abs.11 lässt vermuten, dass man die Kritik von BDP und VPP aufgegriffen hat.
Die vorgetragene Kritik betraf allerdings nicht nur die Verlängerung der Erprobungsphase, sondern generell die anscheinend geringen Anforderungen an die Angemessenheit und die Datensparsamkeit der Gesundheitsdatenverarbeitung bei Erprobungs-DiGA. Das neue DVPMG regelt für DiGA nun eine Zertifizierung, allerdings erst ab dem 1.4.23. Ob eine solche Zertifizierung besser sein wird, als die von BDP und VPP problematisierte Prüfung durch das BefArm, ist damit aber noch nicht automatisch geklärt, lässt aber auf Besserung hoffen, auch weil BfdI und BSI mittelbar beteiligt sein werden. Je vager der Zweck (genauer gesagt der zu erwartenden Gesundheitsnutzen), desto höher die Anforderungen an die Datensparsamkeit, das sollten Zertifizierungen gewährleisten.
Nichtsdestotrotz muss weiterhin kritisch begleitet werden, dass eine Grundhaltung Fuß fasst, dass DiGA – egal ob bei Erprobung oder gelistet – nur etabliert werden, wenn Sie mit einem Nachweisniveau entsprechend evidenzbasierter Heilbehandlung zu wirken geeignet sind. Andernfalls unterliegen sie immer dem Verdacht, dass diversen Beteiligten das beiläufige Datensammeln (insgeheim) viel bedeutet. Dass das einigen Patient*innen (vermeintlich?) egal sein könnte, ist insofern nebensächlich, als der Staat die Maxime der Datensparsamkeit insbesondere bei Gesundheitsdaten gestalten muss: Er muss die Anreize dafür schaffen, dass DiGA-Anbieter tatsächlich privacy by design von der ersten Programmierzeile an „leben“.
Auch nach dem vorläufig letzten Gesetzeswurf aus dem Hause Spahn in Sachen Digitalisierung sehen BDP und VPP die EPA aus Sicht der Psychotherapeut*innen kritisch. Es mag in anderen Kontexten überzeugende Anlässe geben, die für sie sprechen. Was Psychotherapiedaten angeht, die wohl erst später in einer EPA auftauchen werden, bleibt die Sensibilität solcher Daten aber weiterhin Grund zur Sorge. Es wird weiterhin gefordert, Psychotherapiedaten gesondert zu schützen.
Jan Frederichs
Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) für den VPP