Hinweise zu der 40-Prozent-Regelung in den PiA-Ausbildungsverträgen
- „Was“ in der Ausbildung gewährleistet sein muss, regelt das alte wie das neue Gesetz vergleichsweise ausführlich (wenn auch genug Fragen offen bleiben). „Wie“ die Ausbildung durch ein Institut zu gewährleisten ist, ist dann schon deutlich sparsamer geregelt und „wie finanziert“ sie ist, da hat sich der Gesetzgeber bekanntlich 20 Jahre wenig drum gekümmert (von ein bisschen BAföG abgesehen).
- Für den Alltag ist damit die Gestaltung der Ausbildung erheblich durch die Ausbildungsverträge geregelt, manchmal ergibt sich in der Folge, dass Lücken zu füllen sind bzw. wie man den Vertrag zu diesem Zwecke auslegen muss. Im Laufe der 20 Jahre haben sich diverse, mal mehr, mal weniger überzeugende Vertragsmodelle entwickelt, einige auch mit recht komplizierten Gestaltungen, insbesondere was eine Verrechnung von Ausbildungskosten mit Einnahmen aus der „praktischen Ausbildung“ über die Ambulanz, meist gegen Ende der Ausbildung betrifft. Solche Verträge sind üblicherweise tendenziell institutsfreundlich, man kann vorsichtig verallgemeinern, dass der Markt nicht zu einer „Augenhöhe“ der Vertragspartner*innen geführt hat.
- Nach wie vor regeln sich die Fragen zur Vertragsausführung primär nach dem BGB, allerdings unter Maßgabe der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung bzw. des PsychThG. Hier vorliegend hat sich während der Vertragsanwendung das Gesetz geändert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Institute zunächst versuchen zu behaupten, die 40-Prozent-Regelung des neuen § 117 Abs.3c SGB V beträfen keine laufenden Verträge, sondern nur zukünftige. Der Wortlaut des Gesetzes regelt diese Frage nicht explizit. Allerdings benennt die Gesetzesbegründung als Grund die Interessen der Ausbildungsteilnehmerinnen, es ist nicht plausibel, dass diese Interessen ersetzt zukünftige PiA hätten. Aus dem gleich Grund vermag nicht die eventuelle Behauptung zu überzeugen, die Neuregelung richte sich nicht direkt an die PiA, sondern nur an die Vertragsparteien, die die Finanzierung der Ambulanzen vereinbaren; das stimmt zwar, das Gesetzgeber benennt aber die PiA als Nutznießer. Daher muss die Regelung als Grundlage für einen vertraglichen Ergänzungsanspruch verstanden werden.
- Man kann zunächst ganz lapidar feststellen, dass die PiA 40 Prozent bekommen, das kann theoretisch jeweils eingeklagt werden. „Wovon 40 Prozent ?“ Schon mit der Frage fangen die Probleme an, zumal nicht nur die Institute auf Vertraulichkeit pochen. Man kann trotzdem festhalten, dass man diesbezüglich stur sein sollte: Dieser Anspruch besteht, und zwar einklagbar, alles Weitere muss sich anschließend fügen.
- Gleichwohl geht es faktisch mindestens genauso wichtig (und vermischt sich deswegen) um dieses anschließende Sich-Fügen. Gemäß § 313 BGB (undefined) kann eine Vertragspartei bei schwerwiegenden Störungen der Vertragsgrundlage eine Anpassung verlangen und wenn das Institut die 40 % zahlen muss, wird es das Institut sein, dass diese Anpassung fordert. Ob allerdings die gesetzliche Neuregelung tatsächlich schwerwiegend ist, darf erörtert werden, denn generell kann jede Partei auf vielfältigste Weise das Schicksal in einer Art und Weise treffen, wie man es bei Vertragsschluss nicht vermutet oder gesehen hatte, grundsätzlich muss jede Partei damit rechnen und hinnehmen, dass es nicht ganz so läuft, wie gedacht, insoweit trifft dieses Risiko hier die Institute. Deshalb kommt dem Merkmal „schwerwiegend“ besondere Bedeutung zu.
- Leider werden es jeweils Einzelfallentscheidungen sein, wenn man mal hypothetisch von einem Gerichtsprozess zu § 313 ausgeht, und es hängt natürlich sehr vom jeweiligen Vertrag ab, sodass Verallgemeinerungen aus der Ferne nicht besonders erhellend sind. Es ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar, dass man die gesamte Gemengelage zum Anlass nimmt, sich zu einigen, da fallen dann alle Fragen zusammen an. Gerade die Unübersichtlichkeit erfahren die PiA eher als Überforderung oder auch Ungerechtigkeit, denn die Intransparenz zur Grundlage der 40 Prozent bleibt ein Dorn im Auge.
- Es besteht meines Erachtens eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass eine Anpassung nach § 313 BGB (auch bei der Unterstellung, dass die 40-Prozent-Regelung korrekt angewendet wird) am Ende im Großen und Ganzen der Zustand und die Finanzierungsverteilung herauskommen, wie sie vorher war (das ist schlicht eine andere Formulierung des Gesetzestextes), sodass alle Zahlen, die bis dahin hin- und herschwirren, letztlich nicht sonderlich beachtlich bleiben.
- Das darf man sehr wohl kritisieren, denn offensichtlich hat der Gesetzgeber eine finanzielle Verbesserung beabsichtigt. Wo bleibt diese? Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Gericht entweder das Merkmal „schwerwiegend“ verneint oder zumindest bei der Anpassung darauf achtet, dass „irgendein“ Vorteil für die PiA am Ende auch spürbar wird. Das sollte auch in (vorprozessualen) Verhandlungen das Ziel sein. Insofern ist der Fokus auf die 40-Prozent-Durchsetzung vielleicht nicht so sinnvoll, sondern allgemeiner der Ansatz: Es muss am Ende irgendwie (etwas) besser für die PiA sein. Auf dem Weg dahin sind einzelne Zahlen dann eher weniger interessant. Unerfreulich ist diese Sichtweise natürlich insofern, weil sich daraus keinerlei „Fahrplan“ ableiten lässt.
Trotzdem ist ein selbstbewusster aber konstruktiver Vorstoß an das Institut ratsam, wenn nicht das Institut es schon genau so sieht und auf die PiA zugekommen ist.
Jan Frederichs, Berlin