Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Bericht Gesprächsrunde Werbeverbot Tabakerzeugnisse am 02.10.2019 im BMEL

Einladung: Referat 2, Gesundheitl. Verbraucherschutz, Ernährung u. Produktsicherheit
Leitung: Ministerialdirigent Dr. Franken
Eingeladen waren aktive Verbände und Organisationen zum Thema

Am 02.10.2019 fand von 10 Uhr bis 12.10 Uhr die Gesprächsrunde auf Einladung des Referates zum gesundheitlichen Verbraucherschutz, Ernährung und Produktsicherheit, statt. Die Intention war, von den vortragenden Expertinnen und Experten weitere „neue“ Argumente zu erfahren, die das Tabakwerbeverbot betreffen. Das eigene Ministerium habe sich in den Medien bereits positiv gegenüber einem Werbeverbot ausgesprochen. Alle anwesenden Organisationen gaben ihre Stellungnahme ab: Einheitlich gefordert wurde ein umfassendes Werbeverbot, welches bereits in der EU Richtlinie von 2003 gefordert wurde. In Deutschland werden als einzigem EU Land u.a. noch großflächige Plakatwerbung und Kinospots nach 18 Uhr mit Tabakwerbung erlaubt.

Besonders deutlich berichtete Psychologe Prof. Hahnewinkel von Studienergebnissen bzgl. der Wirksamkeit von Werbung, gerade auch bei Jugendlichen. „Die Wirkung von Werbung ist wie in Stein gemeißelt nachgewiesen“: Je mehr Berührung mit Werbung, desto höher die Konsumwahrscheinlichkeit. Gerade Jugendliche seien besonders empfänglich für positive Imagevermittlungen durch die Werbung (frei, jung, sexy…). Dr. Kunzmann, BÄK, berichtete u.a. vom starken Anstieg des eZigarettenkonsums bei Jugendlichen in den USA (20% der Jugendlichen rauchen E-Produkte)! Im Anhang finden sich jeweils einige kurz skizzierte weitere Argumentationen.

Eine heftige Diskussion begann zur Bewertung der Gefährlichkeit von eZigarettenprodukten (Nikotinliquids oder Tabakerhitzer). Hierzu zeigten sich die allermeisten Protagonisten sehr kritisch: Sie fordern ein umfassendes Werbeverbot auch für diese Produkte und halten e-Zigaretten und Tabakerhitzer nicht generell für empfehlenswert, um den Ausstieg von der herkömmlichen Zigarette zu erreichen. Es gibt wissenschaftliche Hinweise, dass es bei z.B. Ausstiegsversuchen mit der eZigarette dazu komme, dass Betroffene dann dauerhaft weiter eZigaretten rauchen. Die Schädlichkeit der eZigaretten-Aeorosole entspräche sicher mind. 50 % der Schädlichkeit der normalen Tabakzigarette. Wissenschaftlich völlig unklar seien auch die Langzeitfolgen der tief inhalierten Aerosole mit den verschiedensten Zusatzstoffen. Hier positionierte sich Herr Dr. Henkler-Stephani vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gegenteilig und berichtete Hinweise auf eine geringere Schädlichkeit der eProdukte. Gleichzeitig berichtete er, dass bzgl. zukünftiger Generationen von eZigarettenprodukten noch sehr viele verschiedene Arten hinsichtlich Liquidvolumen, Zusatzstoffen etc. auf den Markt drängen. Der VPP im BDP e.V. konnte sich gut positionieren: Er wiederholte noch einmal die aktuellen Betroffenenzahlen (siehe Anhang: 24 % Raucher in Deutschland - seit 2014 unverändert; viele europäische Länder haben geringere Raucherquoten). Diese Quote sei immer noch zu hoch. Ein umfassendes Werbeverbot sei nach der bereits seit 16 Jahren bestehenden EU-Richtlinie endlich umzusetzen. Gesprächsrunden zu diesem Thema seinen eigentlich nicht mehr nötig. Seit 04/2018 liegt ein Gesetzesentwurf der Opposition vor - hier sollte das Wohl der Gesundheit der Bevölkerung über parteipolitischen Interessen stehen. Zum Ende der Runde bestätigte Herr Dr. Franzen, dass es aller Voraussicht nach eine Gesetzesinitiative 2019 gäbe. Allerdings wurde auch bekannt, dass am gleichen Tag nachmittags ein Gespräch mit dem Referat 2/Herrn Dr. Franzen und der Tabakindustrie stattfindet!

Verfasserin: Susanne Berwanger (für den Vorstand VPP im BDP e.V.)

Liste der anwesenden Organisationen

Anhang:

Tabakkonsum Wissenschaftliche Daten
Aktuelle Daten:
Prävalenz „Gelegentliches oder tägliches Rauchen“
18-25-Jährige: 29,8 %
18-64-Jährige: 23,8 % (bis 28,7 % nach IFT: Rauchen in den letzten 30 Tagen)
 12-17-Jährige: 8,3 %

Problem: Seit 2014 hat sich die Raucherquote nicht signifikant verringert
2014 Anteil Raucherquote ca. 24 %
Quelle: Drogen- und Suchtbericht Bundesregierung 2018

Weltweiter Vergleich:
Täglich rauchende Erwachsene: (Daten aus 2017):   Germany 22 %
Im Vergleich:
Canada 10 %
Norwegen 13 %
Australien 13 %
USA 14 %
Dänemark 15 %
Finnland 15 %
Italy 19 %
Irland 20 %
Frankreich 28 %
Griechenland 31 %
Serbien 33 %

Quelle: WHO-TabakBericht 2019, Seite 150

Nationale Tabakentwöhnungsprogramme: Viele Länder (Schweden, Spanien, Portugal…)haben nationale Programme: Deutschland nicht (Tabak-WHO Bericht 2019 S. 174)
E-Zigaretten
(Funktionsweise: elektrisches Erhitzen von nikotinhaltigen Liquids oder von Tabakstiften)
 Die Ergebnisse des vom BMG geförderten Reviews zum aktuellen Forschungsstand zu E-Zigaretten und Tabakerhitzern des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) liegen vor:
Danach sind E-Zigaretten im Vergleich zu Tabakzigaretten weniger schädlich, aber trotzdem keine harmlosen Konsumprodukte. Neben einem gesundheitsgefährdenden Potential bergen zumindest die nikotinhaltigen Produkte ein Abhängigkeitspotential.
Das langfristige Gefährdungspotential von Tabakerhitzern ist gegenwärtig unbekannt, weil bislang kaum unabhängige Studien dazu vorliegen und die Produkte noch kürzer als E-Zigaretten auf dem Markt verfügbar sind. Vermutlich ist die Schadstoffbelastung durch den Konsum der Produkte geringer als beim Rauchen von Zigaretten; dennoch sind Tabakerhitzer keine harmlosen Produkte
(Quelle: BMG Reviewbericht 2019 E-Zigaretten)
Jugend und EZigaretten
Vor allem jüngere Menschen im Alter von 16 bis 29 Jahren probieren E-Zigaretten aus: In dieser Altersgruppe hat fast ein Fünftel jemals E-Zigaretten verwendet, mit zunehmendem Alter nimmt dieser Anteil kontinuierlich ab.
„Während es weiter positive Entwicklungen bei den Kindern und Jugendlichen beim Tabak- und Alkoholkonsum zu verzeichnen gibt, sehen wir bei den neuen Produkten wie E-Zigaretten, Wasserpfeifen und Co. einen klaren Aufwärtstrend, sowohl bei Jugendlichen als auch bei den Erwachsenen. Hier müssen wir das Präventionsangebot weiter ausbauen.“
(Quelle: Drogen- und Suchtbericht 2018/Zitat der Suchtbeauftragten Mortler daraus)