Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Neuer OPS 2011 als Finanzierungsmodell für Psychiatrie und Psychosomatik

Vor einem Jahr haben wir über das neue Finanzierungsmodell für die Psychiatrie und Psychosomatik berichtet. Mit diesem Modell ist jetzt auch in psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern der Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) anzuwenden und wird die neue Grundlage für die Finanzierung der Krankenhausleistungen. Zunächst ist eine Erprobungsphase vorgesehen, die mit etwas Verzögerung Mitte 2010 begonnen hat. 2013 soll dann eine budgetneutrale Umsetzung erfolgen, sollen die OPS also „scharf gestellt“ werden. Jetzt hat das DIMDI die endgültige Fassung der Version 2011 veröffentlicht. Rund 250 Vorschläge aus Fachgesellschaften und von Fachleuten aus Ärzteschaft, Krankenkassen und Kliniken sowie zusätzliche Anforderungen aus der Weiterentwicklung des Entgeltsystems für Krankenhausleistungen sind in die neue Version eingeflossen. Für die Behandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen wurden die Kodes strukturell überarbeitet.

Wir hatten bei der Einführung im letzten Jahr kritisiert, dass die Approbation der Psychotherapeuten für die Verschlüsselung der Leistungen in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken keine Bedeutung hat. Dies setzt sich auch im neuen OPS so fort: Diplom-Psychologen und Psychologische Psychotherapeuten werden nach wie vor unter dem Begriff „Psychologen“ zusammengefasst. Es gibt aber eine wesentliche Neuerung dadurch, dass die Leistungen von „Ärzten“ (damit gemeint sind Fachärzte) und „Psychologen“ jeweils aufsummiert und in einem Code zusammen gefasst werden. Dies ist eine wesentliche Vereinfachung in der Codierung. Sie basiert möglicherweise auf der Feststellung, dass die einzelnen Leistungen dieser Berufsgruppen ähnliche Kosten verursachen. Für die Codierung von Leistungen im OPS ist nur das von Bedeutung, was zu kostenrelevanten Unterschieden führt. Man könnte also argumentieren: Die Approbation der Psychotherapeuten hat im OPS deshalb keine Bedeutung, weil sie weitgehend kostenneutral ist.
Wir hatten 2009 aber auch darauf hingewiesen, dass durch den neuen OPS die bisherige Leitungsfunktion von Psychotherapeuten in Frage gestellt werden könnte. Viele Psychotherapeuten leiten gegenwärtig einzelne Stationen oder Tageskliniken, sind verantwortlich für die Behandlungsführung im multiprofessionellen Team und regeln Aufnahmen und Entlassungen von Patienten. Im neuen OPS wird aber unverändert wie 2010 als eine Voraussetzung für die Kodierung einzelner Leistungen formuliert: Therapiezielorientierte Behandlung durch ein multiprofessionelles Team unter Leitung eines Facharztes (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychiatrie, Facharzt für Nervenheilkunde oder Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie). Wenn diese Formulierung so bestehen bleibt, ist zu befürchten, dass Stationen, die von Psychotherapeuten geleitet werden, ihre Leistungen nicht mehr abrechnen können, oder dass die Psychotherapeuten durch Fachärzte ersetzt werden. Bei dem gegenwärtigen Mangel an Fachärzten dürfte dies vielleicht schwierig werden. Entsprechend dem Kompetenzprofil von Psychotherapeuten ist hier zu fordern, dass dieses Kodiermerkmal geändert wird auch Psychotherapeuten die Leitungsfunktion im Rahmen der Gesamtverantwortung des Abteilungsarztes wahrnehmen können.
Eine weitere Neuerung bezieht sich auf die Kodierung von Leistungen, die durch Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) erbracht werden. Im OPS 2009 waren die PiA ausdrücklich von der Kodierung ausgenommen worden, wurden ihre Leistungen also nicht kodiert. In der neuen Formulierung heißt es jetzt: „Anerkannt werden alle Leistungen, die durch Mitarbeiter erbracht werden, die eine Ausbildung in der jeweiligen, hier spezifizierten Berufsgruppe abgeschlossen haben und in einem dieser Berufsgruppe entsprechenden, vergüteten Beschäftigungsverhältnis stehen“. Damit bezieht sich der OPS wieder auf die kostenrelevanten Aspekte der Leistungserbringung und eröffnet die Möglichkeit, dass auch die Leistungen eines PiA kodiert werden können, wenn der PiA in einem Beschäftigungsverhältnis steht, dass entsprechend seiner Qualifikation als Psychologe vergütet wird. In einigen Kliniken sind bereits Vergütungsmodalitäten gefunden worden, die sich in diesem Sinne interpretieren lassen.
Eine weitere Neuerung im OPS betrifft die Kodierung der Therapiegruppen. Es wird jetzt unterschieden zwischen Gruppen bis zu 6 Patienten, Gruppen von 7 bis 12 Patienten und Gruppen von 13 bis 18 Patienten. Bei einer Gruppe von 13 bis 18 Patienten sind 2 Therapeuten erforderlich, bei kleineren Gruppen können 2 Therapeuten gemeinsam kodieren. Eine solche Regelung erscheint praktikabel, wenn Stationen regelhaft mit 18 Patenten konzipiert werden.
Neu eingefügt wurde die Psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung im besonderen Setting (Mutter/Vater-Kind-Setting) und ergänzt wurde die Kodierung für Aufwendige Diagnostik bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen. Hier können insbesondere Psychotherapeuten ihr umfangreiches Leistungsspektrum dokumentieren und kostenrelevant kodieren.

Hans Werner Stecker