Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Resolution des GK II zum Gesundheitsdatenschutz

Der Gesprächskreis II (GK II) ist ein Zusammenschluss aller maßgeblichen Verbände der Psychologischen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen in Deutschland. Die Verbände des GK II befürworten wissenschaftliche Forschung und sehen in den aktuellen Digitalisierungsprozessen viele Chancen, wissenschaftliche Forschung zu Gesundheit und Krankheit sinnvoll auszubauen.

Trotz allem gibt es ein Spannungsfeld zwischen dem Nutzen von Daten für wissenschaftliche Forschung und dem Schutz personenbezogener Gesundheitsdaten. Gerade Daten zu psychischen Erkrankungen bergen das Risiko von Stigmatisierung. Darüber hinaus enthalten Daten zu Behandlungen von psychischen Erkrankungen neben einer Fülle sehr persönlicher und intimer lebensgeschichtlicher Daten (z. B. Kindheit, Erziehung, Schule), auch weitergehende Daten zu emotional bedeutsamen Lebensereignissen (z.B. Verhalten von Bezugspersonen, Traumata). Diese hoch intimen und sehr individuellen Daten sind im Allgemeinen nicht notwendig für wissenschaftliche Forschung zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung.

Berufsrechtlich sind Psychotherapeut*innen verpflichtet, Daten ihrer Patient*innen in höchstem Maße zu schützen. Die europäische DSGVO fordert die Hoheit Betroffener über ihre personenbezogenen Daten. Daten zur Behandlung psychischer Erkrankungen sind hier als besonders sensibel einzustufen.

Im Patientendatenschutzgesetz (PDSG) wurde sehr deutlich die absolute Hoheit gesetzlich Versicherter über ihre Gesundheitsdaten festgeschrieben (z.B. Einhaltung des sog. „Opt In“: Nur wenn gesetzlich Versicherte von Anfang an aktiv zustimmen, wird eine elektronische Patientenakte (ePA) angelegt oder werden Daten dort gespeichert. Daten können jederzeit von Versicherten gelöscht werden). Aktuell werden Gesundheitsdaten (z.B. Daten zu Behandlungen, Diagnosen, Geschlecht) an das nationale Forschungsdatenzentrum weitergegeben. Eine Weiterverwendung anonymisierter Daten für Forschungsfragen wird relativ gut kontrolliert. 

Der Gesetzgeber plant nun eine Beschleunigung der Digitalisierung und u.a. eine Umkehr von diesen Regularien hin zum „Opt-out“. Der Bundesgesundheitsminister benennt als Ziel die Verbesserung der medizinischen Versorgung durch eine eher unkomplizierte Zurverfügungstellung von Befunden Versicherter durch die ePA. Auf-EU-Ebene wird aktuell eine Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten angestrebt (Europäischer Raum für Gesundheitsdaten EHDS) sowie eine erleichterte EU-weite Nutzung der Daten auch für allgemeine Forschung (z.B. Innovationsforschung - also nicht zwingend wissenschaftliche Forschung). Ein einzelnes EU-Land soll darüber entscheiden können, ob Daten für ein Forschungsprojekt herausgegeben werden. Weiterhin hat die EU-Kommission Vorschläge zum Zugriff von Strafverfolgungsbehörden auf digitale Daten in anderen Staaten in Form eines Richtlinienentwurfs und eines Verordnungsentwurfs vorgelegt (E-Evidence-Verordnung) und zwar unabhängig davon, ob im Staat des Zugriffs die vorgeworfene Tat ebenfalls strafbar ist. Insbesondere die Abkehr vom Grundsatz der doppelten bzw. beiderseitigen Strafbarkeit ist sehr kritisch zu bewerten. Eine Transparenz für Versicherte über die Verwendung ihrer Gesundheitsdaten erscheint durch diese geplanten EU-Regularien immer schwerer.

Der GK II stellt deshalb folgende Forderungen:

1. Opt-in-Regelung zur Speicherung von Daten in die ePA muss erhalten bleiben.
Gesetzlich Versicherten muss weiterhin eine höchste Datensouveränität garantiert werden. Für Versicherte muss die Möglichkeit zum Löschen von Daten erhalten bleiben. Wenn die Opt-Out-ePA sich durchsetzt müssen auf allen 4 Ebenen (Einrichtung der ePA, Einstellen von Daten, Freigeben von Daten, Freigabe für Forschungszwecke) Widerspruchsmöglichkeiten für die Versicherten bestehen.

2. Forschungsdatenfreigabe nur für wissenschaftlich begründete Forschungsvorhaben.
Nur wissenschaftlich fundierte Forschungsergebnisse sind für Heilkunde und Medizin von nennens-wertem Nutzen. Die hohen deutschen Standards für die Forschungsdatennutzung müssen auch auf europäischer Ebene übernommen werden. Auf EU-Ebene könnte z.B. eine Ethikkommission entscheiden, ob Forschungsvorhaben genehmigt werden.

3. Keine Freigabe von Gesundheitsdaten im Rahmen europäischer Strafverfolgung gemäß des aktuellen E-Evidence-Verordnungsentwurfes.
(Cloud-gespeicherte) Daten aus ärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlungen sind aus diesbezüglichen Herausgaberegelungen explizit auszuschließen.

HIer finden Sie die Resolution zum Download