Gut 800 niedergelassene Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen aus ganz Deutschland warnten lautstark, kraftvoll und solidarisch am 18. August 2023 in Berlin. Unter dem Slogan "#PraxenKollaps VERHINDERN!“ hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zum Protesttag nach Berlin geladen. Ihren Protest richtete sie an das Bundesgesundheitsministerium (BMG).
Mit lautstarken Klatschpappen in den Händen und mehrminütigem rhythmischen Beifall begannen Deutschlands Niedergelassene die Krisensitzung. Als Probleme der Krise in der ambulanten Versorgung wurden aufgezählt: leistungsfeindliche Budgetierung, erhöhte Praxiskosten, Personalmangel, Bürokratie, Digitalisierung, Nachwuchsmangel und Diskreditierung.
Einspieler verdeutlichten den Leistungsumfang einer Arztpraxis in der Coronazeit – mit zahlreichen Zusatzaufgaben parallel zur regulären Versorgung. Befragungen auf der Straße zeigten, dass die Probleme vor allem in Form von Überlastung und schließenden Praxen auch in der Bevölkerung zu merken sind. Außerdem wurden Zusagen des Gesundheitsministers Prof. Dr. Karl Lauterbach eingespielt, die bis heute nicht erfüllt seien, sowie kritische Meinungen einzelner Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen.
Vertreteri:nnen der KBV sowie der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen kamen zu Wort: Ambulant würden zu einem Zeitpunkt mehr Menschen versorgt als in Krankenhäusern, was die Bedeutung der ambulanten, also wohnortnahen Gesundheitsversorgung hervorhob. Die Beibehaltung der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen wurde betont und die Idee von „Gesundheitskiosken“ infrage gestellt. Niedergelassene würden sich bei der Digitalisierung als „Beta-Tester“ vorkommen. Von „digitaler Vergewaltigung“ war die Rede mit dem Hinweis: „Allen graut vor der ePA“. Ein emotionales Plädoyer erfolgte zudem für die belastende Arbeitssituation der Medizinischen Fachangestellten in den Praxen. Wegen besserer Arbeitsbedingungen seien einige deutsche Ärzt:innen bereits nach Schweden ausgewandert...
Ein psychotherapeutischer Vertreter plädierte für mehr Therapiesitze und erntete dafür umfangreichen Applaus aus dem Saal. Die größte Zustimmung in Form von stehenden Ovationen schien insgesamt die Forderung nach einer Entbudgetierung ärztlicher Leistungen zu erhalten.
Abschließend stimmte die Vertreterversammlung der KBV einstimmig einem Katalog von sieben Forderungen zu. Über die Reihenfolge der sieben Punkte ließe sich sicher streiten. Gern hätte ich die Kritik am bisherigen Verfahren der Digitalisierung weiter oben und die Situation der Medizinischen Fachangestellten extra aufgeführt gesehen. Sollte bis Mitte September 2023 keine Stellungnahme des Bundesgesundheitsministeriums erfolgen, sei mit Streik der Ärzteschaft zu rechnen.
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Dr. Claudia Appel, VPP Mitteldeutschland