Der 43. Deutsche Psychotherapeutentag (DPT) fand vom 17.11. bis 18.11.2023 in Berlin statt. Der DPT ist die Bundesdelegiertenversammlung der Bundespsychotherapeutenkammer. Der Bericht fasst die wesentlichen Ergebnisse zusammen.
Zu Beginn des 43. DPT mit 140 Delegierten wurde eine Videobotschaft von Bundesgesundheits-minister Prof. Karl Lauterbach eingespielt. Er sprach u. a. zwar die zu langen Wartezeiten auf einen ambulanten Psychotherapieplatz an, ging jedoch in nicht auf Lösungsskizzen der Profession ein. Auch das zentrale Thema der fehlenden Finanzierung der Weiterbildung erwähnte er mit keinem Wort, obwohl zahlreiche Anfragen der Profession und der BPtK vorlagen – sowie eine vom Petitionsausschuss angenommenen Bundestagspetition. Das anschließende Grußwort der BPtK-Präsidentin Andrea Benecke war dementsprechend kritisch.
Parcoursprüfungen – Videobehandlungen
Kritische Nachfragen zum Vorstandsbericht bezogen sich u. a. auf die Parcoursprüfungen (Approbationsprüfungen nach neuem Recht, fünf Prüfungsstationen mit Schauspielpatient:innen). Ein großes Problem sind dabei die benötigten Ressourcen für diese Prüfungen. Zwar sind die aktuell noch sehr wenigen durchgeführten Parcoursprüfungen gut gelaufen, aber bei der Prüfung der zukünftigen 2.500 jährlich zu erwartenden Kandidat:innen an staatlichen Universitäten (plus mind. 500 – 1000 zu erwartenden Abschlüsse an privaten Hochschulen) werden die Ressourcen wahrscheinlich nicht ausreichen. Von BPtK-Seite werden Kompromisse für die Zukunft überlegt, z. B. nur zwei Stationen mit Schauspielpatient:innen. Kritisch wurde auch zu weiteren Positionierungen in puncto Videobehandlungen nachgefragt, deren Mengenbegrenzungen nach aktuellen Gesetzesentwürfen aufgehoben werden sollen; ebenso gilt dies für räumliche Einschränkungen (Videobehandlungen sollen auch im heimischen Setting ermöglicht werden; Grundlagen zur Professionalität würden somit aufgehoben).
Bericht und Wahlen der Ausschüsse
Der Ausschuss Psychotherapeut:innen an Institutionen „PTI“ informierte aus dem Bereich stationäre Jugendhilfe, dass es durch die Coronapandemie-Folgen zu einer massiven Zunahme der Bedarfe (bis zu 50 Prozent mehr Anmeldungen, v. a. auch Komplex-Erkrankte) gegeben hat, ohne die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen.
Einen zeitlich großen Anteil nahmen die Wahlen der Ausschüsse KJP und PTI sowie PTI mit je neun Mitgliedern und die Neuwahl der Versammlungsleitung des DPT in Anspruch.
Zum Top „Novellierung der Gebührenordnung GOP für Psychotherapeut:innen“ verwies der BPtK-Vorstand auf aktuelle Gespräche im Hintergrund, weshalb der Top verschoben wurde.
Änderung der MWBO – e-Logbuch
Kontrovers wurde der Antrag der Kommission „Zusatzqualifizierung“ auf Änderung der alten MWBO PP und KJP diskutiert. Dieser Antrag enthielt u. a. die Streichung der Weiterbildungsinhalte zum Bereich Gesprächspsychotherapie. Der VPP im BDP hatte sich hier im Vorfeld sehr für den Erhalt der Gesprächstherapie (GT) im Rahmen der Bedeutung von Verfahrensvielfalt eingesetzt und hatte im Rahmen eines Stellungnahmeverfahrens hierzu Position bezogen. In der neuen MWBO sind Weiterbildungsinhalte der GT nicht enthalten. Somit sind nun weder in der alten noch in der neuen MWBO humanistische Inhalte enthalten. Die DPT-Delegierte Susanne Berwanger setzte sich in einem Redebeitrag für den Erhalt der GT-Inhalte ein. Ein von den humanistischen Verbänden eingebrachter und vom VPP unterstützter Antrag zum Erhalt der GT in der alten „MWBO“ wurde leider sehr knapp mit 50 Ja-, 53 Nein-Stimmen und 17 Enthaltungen abgelehnt. Der Antrag der Kommission „Zusatzqualifizierung“ der BPtK wurde final bei 22 Gegenstimmen und 90 Zustimmungen angenommen. Zugestimmt wurde ebenso einem Antrag in Richtung Verfahrensvielfalt in Richtung psychodynamische – und systemische Psychotherapie. So werden in den „alten“ Bereichsweiterbildungen spezielle Schmerztherapie und Diabetologie psychodynamische und systemische Inhalte integriert. Auch dieser Antrag wurde zuvor vom VPP offiziell unterstützt.
Im Weiteren wurde ein Antrag zur Beauftragung der BPtK für die Umsetzung eines e-Logbuchs für zukünftige Psychotherapeut:innen in Weiterbildung (Dokumentation der umgesetzten Weiterbildungsleistungen) mit 107 Ja- und 6 Nein-Stimmen verabschiedet.
Resolutionen
Beim letzten Tagesordnungspunkt „Resolutionen“ brachte sich der VPP aktiv ein und besprach vorab innerhalb der AG Datenschutz des GK II (verbändeübergreifendes Gremium Gesprächskreis II mit 38 psychotherapeutischen Verbänden) inhaltliche Ergänzungen zur Resolutionsvorlage der BPtK zum Thema „European Health Data Space (EHDS)“. Hier wurden dann im Konsens durch Gespräche am 17.11.2023 (und damit ohne Notwendigkeit der Einreichung eines Änderungsantrags) wichtige Inhalte ergänzt:
- Forderung nach speziellen Regularien für Jugendliche bei der Anwendung der ePA und
- Publikations- bzw. Berichtspflicht von Forschungsergebnissen, die unter Verwendung der digital gespeicherten Gesundheitsdaten des nationalen Forschungsdatenzentrums FDZ entstanden sind.
Zudem wurden zu verschiedenen Bereichen Resolutionen verabschiedet:
- Ambulante Komplexversorgung Kinder und Jugendliche
- Versorgung und Weiterbildung sichern
- Elektronische Patientenakte und EU-Gesundheitsdatenraum
- Demokratie sichern/Minderheitenschutz
- Abschieberegularien Menschen mit psychischen Erkrankungen
- Keine Sparmaßnahmen psychosoziale Versorgung Geflüchteter
- Krankenkassen und Krankheitswarnungen Versicherter
- Sozialstaatliche Ausgabenreduktion
- Leitliniengerechte Behandlung in Psychiatrien
- Kontingente ambulante Psychotherapie sichern (durch Aufhebung der Abschaffung des Gutachterverfahrens durch einen Prüfauftrag an den g-ba)
Hier finden Sie die Resolutionen des 43. DPT zum Nachlesen.
Susanne Berwanger