Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Bericht vom PiA-Politik-Treffen am 31.10.2020

Katerstimmung?! – Konsequenzen der Reform für PiA

Nachdem das 17. PiA-Politik-Treffen (PPT) im Frühjahr aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen musste, wurde es jetzt als virtuelle Veranstaltung nachgeholt. Das Thema war unverändert aktuell: Die Situation der PiA nach der Reform. „Katerstimmung“ deshalb, weil der Prozess anstrengend war – und das Ergebnis teilweise ernüchternd. Gut 50 PiA, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Studierende nahmen teil, das Programm war durchaus umfangreich und bestand aus einem Wechsel von Informationen und Austausch. Für den VPP waren Johanna Thünker und Alexander Rubenbauer dabei.
Randbemerkung: Das virtuelle Treffen hatte zwar eine umfangreiche Tagesordnung, durch einen Wechsel verschiedener Formate war es für die Teilnehmenden dennoch kurzweilig (Vorträge, Gastvorträge, Diskussionen im Plenum, Breakout-Sessions, World-Café) – was Mut macht vor dem Hintergrund, dass uns das Phänomen der virtuellen Veranstaltungen wohl noch eine Weile erhalten bleiben wird.
Nach einer ersten Kennenlernrunde brachte Gast Nikolaus Melcop, Vorstandsmitglied der Bundespsychotherapeutenkammer die Teilnehmenden auf den aktuellen Stand bezüglich der Umsetzung der Reform. Er fokussierte dabei neben den unmittelbaren PiA-Themen wie die 1000 €-Regelung für die Praktische Tätigkeit auch Konsequenzen aus dem Omnibusteil der Reform und weitere neuere Gesetzgebungsprozesse wie neue Qualitätssicherungsformate, das Krankenhauszukunftsgesetz und digitale Anwendungen im Gesundheitswesen. Im Anschluss nahm er sich Zeit für die Fragen der Teilnehmenden, die sich unter anderem auch auf die Änderungen der Heilberufekammergesetze für die „neue“ Therapieausbildung bezogen.
Martin Wierzyk vom Orga-Team stellte die Ergebnisse der vom PPT durch­geführten Institutsbefragung vor. Diese wird in Kürze auf der Website piapolitik.de zu finden sein. Deutlich daraus hervorging, dass die Modelle der Institute zum Teil sehr unterschiedlich sind, was die Vergleichbarkeit schwierig macht. Das bezieht sich vor allem auf die Frage, wie viel Geld der Sitzungen im Rahmen der Praktischen Ausbildung an die PiA weitergegeben werden – denn die Kosten, die parallel dazu anfallen, sind sehr unterschiedlich. Was die 1000 €-Regelung für die Praktische Tätigkeit angeht, bestätigt die Umfrage, dass im statistischen Mittel eher der Ist-Stand festgeschrieben als eine Verbesserung erzielt wurde.
Anschließend wurde im Format eines World-Cafés interaktiv zu den Themen 40% Regelung (praktische Ausbildung), 1000€-Regelung (Praktische Tätigkeit), Heilberufekammergesetze und Verträge überlegt und diskutiert. Deutlich wurde dabei, dass die Institute bezüglich der Finanzierung mit den Kliniken und Krankenkassen verhandeln müssen – Kenntnis und Motivation diesbezüglich scheint aber unterschiedlich ausgeprägt (Beispiel: In Bayern wurde verhandelt, dass Krankenkassen +40% zahlen, im Gegenzug muss ausgeschüttet und ihnen gegenüber offengelegt werden). In der Kammer-Gruppe wurde umfangreich diskutiert, warum es sinnvoll ist, dass PiA in die Psychotherapeutenkammer aufgenommen werden und wie das erreicht werden kann. … Das Orga-Team nimmt die vielen Anregungen aus den Gruppen mit für die weitere politische Arbeit.
Vor der Mittagspause stellten sich die Partner des PPT vor: Die Bundeskommission PiA (BuKo), vorgestellt von ihrer  Sprecherin Mechthild Leidl, die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, vorgestellt durch Delphine Pommier (arbeitet bei ver.di im Bereich Berufspolitik, zuständig für PiA-AG und Fachkommission PP/KJP), die Psychologie-Fachschaften-Konferenz (PsyFaKo), vorgestellt durch Imke Vassil und – seit dem letzten Jahr – Psychologists for Future, vorgestellt durch Katharina Simons. (An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: Bei der ver.di PiA-AG können alle PiA teilnehmen, die bei ver.di Mitglied sind.)
Nach der Mittagspause hielt Manuel Becker (Referent der Kassenärztlichen Bundes­ver­einigung), der früher selbst im Orga-Team des PiA-Politik-Treffens aktiv war, einen kurzweiligen und informativen Vortrag über die Zuständigkeiten und die Rechtslage im Zusammenhang mit der 1000-Euro-Regelung. An diesem Beispiel führte er aus, wie Gesetze zustande kommen und wie die 1.000-Euro-Regelung konkret zu interpretieren ist: Die 1.000 Euro stünden den PiA im Rahmen der „Praktischen Tätigkeit 1“ ab 26 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit zu. Es gebe jedoch keinen Mechanismus, wonach diese Vergütung von den Krankenkassen 1:1 übernommen würden. Stattdessen sei dies Teil der individuellen Vereinbarungen zwischen Krankenhaus und Kostenträger. Auch gebe es keinen Anspruch auf mehr als 1.000 Euro, wenn mehr als 26 Stunden pro Woche geleistet werden. Im Weiteren führte Herr Becker aus, dass eine Abrechnung von durch PiA erbrachten Leistungen durch die Krankenhäuser gemäß § 8 Absatz 2 der Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-Richtlinie) nur bei einer Vergütung entsprechend des Grundberufs (z. B. als Psychologin bzw. Psychologe) erfolgen darf, was bei 1.000 Euro nicht gegeben ist.
In Arbeitsgruppen am Nachmittag wurden dann verschiedene Themen in Kleingruppen bearbeitet und anschließend im Plenum vorgestellt:
1) Aktionsplanung Übergangsregelungen: Es besteht ein hoher Informationsbedarf, Best-Practice-Beispiele sollten formuliert werden. Politisch bedarf es Stellungnahmen zu Ausbildungskosten (keine Erhöhung aufgrund 40%-Regelung) sowie Einflussnahme auf die Verhandlungen der Institute mit den Krankenkassen. Mehr Transparenz ist wichtig!
2) Kommunikation des PPT: Herausforderung ist die unscharfe Identität des PPT, Ziele sollten konkretisiert werden, Ansprechpartner sind vielschichtig, die PiA selbst, die Politik, Verbände und Presse.
3) Zukunft der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten (KJP): Es bestehen große Schwierigkeiten (bezahlte) Stellen zu finden, gerade für „Nichtpsychologinnen und -psychologen“. Vergütungsregeln sollten auf nicht-psychologische KJPler ausweitet werden. Diskurs über Transitionsalter: Es besteht die Sorge, dass der Beruf unattraktiver wird.
4) Weiterbildung: Die wichtigste positive Entwicklung besteht darin, dass der künftige Status durch eine sozialversicherungspflichtige Anstellung geklärt ist. Bezüglich der Weiterbildung selbst ist die zentrale Frage, ob diese am Ende „aus einer Hand“ kommen soll – hier sollten die Kammern koordinierend einbezogen werden. Sorge bereitet die Co-Existenz von Aus- und Weiterbildungskandidatinnen- und -kandidaten: Hier könnte man aus der Umstellung von Diplom- auf konsekutive Studiengänge lernen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es ein intensives Treffen mit vielen interessanten Begegnungen und Anregungen war. Es bleibt viel zu tun!

Johanna Thünker und Alexander Rubenbauer