Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Verordnungen durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten

Seit Juni 2017 dürfen gemäß eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 16.03.2017 Krankenhausbehandlungen, Krankenbeförderungen sowie Soziotherapie und Rehabilita­tion auch von Psychologischen PsychotherapeutInnen sowie von Kinder- und Jugendlichen Psycho­the­ra­peutInnen verodnet werden. Die dafür notwendigen Muster sind bei den jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen zu bekommen und mit Wirkung zum 01.04.2018 hat nun auch der Bewertungs­ausschuss die Vergütung für die Verordnung von Rehabilitation und Soziotherapie beschlossen.
Gesetzliche Grundlage: Die gesetzlichen Grundlagen für die Verordnung durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bilden die jeweiligen Richtlinien des G-BA sowie dem Wirtschaftlichkeitsgebot (SGB V, §12), wonach Verordnungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das notwenige Maß nicht überschreiten dürfen.

Krankenhausbehandlungen
Dürfen von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ohne gesonderte Abstimmungspflicht verordnet werden, wenn es sich um eine psychische Störung im Sinne des §26 Psychotherapie-Richtlinie oder um eine neuropsychologische Behandlung (s. Anlage I Ziffer 19 § 4 G-BA-Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung) handelt. Bei allen übrigen Indikationen muss eine Abstimmung mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin stattfinden.
Es ist das Verordnungsformular Muster 2 (nicht PTV2!) zu verwenden. Wenn es sich nicht um eine Notfallbehandlung kümmert, ist eine Genehmigung durch die Krankenkasse im Vorfeld der Behand­lung nötig. Das Formular ist über die Quartalsgrenze hinaus gültig. Das Ausfüllen dieses Musters kann nicht gesondert abgerechnet werden.

Krankenbeförderung
Eine Krankenbeförderung muss im Zusammenhang mit einer psychotherapeutischen Leistung der Krankenhasse zwingend notwendig sein und muss, sofern kein Notfall vorliegt, ebenfalls vorher genehmigt werden. Klar ist, dass damit Fahrten zur stationären Behandlung gemeint sein können. Bei Fahrten zu einer ambulanten Behandlung werden die Kosten i.d.R. übernommen, wenn ein Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen „aG“, Bl“ oder „H“ vorliegt oder mittels Pflegebescheid nachgewiesen werden kann, dass die Mobilität dauerhaft eingeschränkt ist. Wie es sich verhält, wenn Patientinnen und Patienten z.B. aufgrund einer Angststörung alleine nicht zur Therapie kommen können, ist nicht explizit geregelt und liegt aktuell im Ermessen der jeweiligen Krankenkasse.
Es ist das Verordnungsformular Muster 4 zu verwenden, die Ausstellung kann nicht gesondert abgerechnet werden. Welches Beförderungsmittel verordnet wird, sollte sich nach der medizinischen Notwendigkeit richten (Krankentransport, Krankenfahrt, Taxi). Durch die Patientinnen und Patienten (auch minderjährige!) ist eine Zuzahlung von 10%, mind. Jedoch von 5€ und max. 10€ pro Fahrt zu entrichten.

Rehabilitation
Verordnet werden können psychotherapeutische sowie psychiatrische Rehabilitationsleistungen, der Indikationsbereich, in dem Verordnungen ohne Abstimmung mit dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin durchgeführt werden können, ist analog dem der Krankenhausbehandlung. Bei Psychiatrischen Rehabilitationen sind Angaben des Arztes/der Ärztin einzuholen und anzugeben.
Es ist das Verordnungsformular Muster 61 zu verwenden, das Ausfüllen kann ab dem 01.04.2018 mit der EBM-Ziffer 01611 abgerechnet werden (aktuell 32,18€). Es handelt sich immer um eine geneh­migungs­pflichtige Leistung.

Soziotherapie
Ziel der Soziotherapie ist es, die Eigenverantwortung von schwerer und meist chronisch erkrankten Patientinnen und Patienten zu stärken. Kranken­hausaufenthalte sollen so vermieden werden und die die Betroffenen in die Lage versetzt werden, ambulante therapeutische Leistungen aufzusuchen und zu nutzen. Sie kann bei Patientinnen und Patienten ab 18 Jahren verordnet werden. Gedacht ist sie insbesondere für Patientinnen und Patienten psychotischen Symptomen (F2x-Diagnosen, F31.5, F32.3, F33.3), grundsätzlich kann sie aber bei entsprechender Indikation und Begründung bei allen F-Diagnosen verordnet werden. Als Kriterium wird unter anderem der GAF-Wert (Global Assessment of Functioning) angesetzt, der kleiner/gleich 40 sein muss.
Die Verordnung erfolgt auf Formular 26, die Leistungen sind ebenfalls genehmigungspflichtig. Sie sind unabhängig von möglichen über die Landschaftsverbände beantragbaren Betreuungsleistungen (ambulantes betreutes Wohnen etc.). Pro Verordnung werden in der Regel 30 Einheiten verordnet, die Verordnung von 5 Probestunden ist möglich. In 3 Jahren können bis zu 120 Einheiten in Anspruch genommen werden. Die Verordnung selbst kann über die Ziffer 30810 und eine Folgeverordnung über die Ziffer 30811 (aktuell jeweils 17,90€) abgerechnet werden.

Kommentar
Insgesamt ist es zu begrüßen, dass die Kompetenzen der Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und –therapeuten erweiter wurden. Allerdings bleiben einige Fragen offen, insbesondere ob Krankentransporte zur ambulanten Behandlung in den für uns relevanten Fällen überhaupt übernommen werden (in der Regel werden hier Einzelfallentscheidungen nötig) und wie der etwaige Bedarf an Soziotherapeutinnen und Soziotherapeuten in der ambulanten Versorgungslandschaft gedeckt werden soll. Gerade der Aspekt der Soziotherapie ist vor dem Hintergrund der Bedarfsplanung auch deshalb nicht unkritisch, weil durch deren Einsatz ggf. die „teureren PsychotherapeutInnen“ gespart werden könnten/sollten. Nicht zuletzt kann man sich die Frage stellen, was mit anderen relevanten Kompetenzen wie der Ausstellung von Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen ist – ein Bereich, den die ärztlichen Kolleginnen und Kollegen sich offenbar noch viel weniger gerne aus der Hand nehmen lassen.
Da vieles im Detail noch unausgereift wirkt und wir die Einführung der neuen Verordnungs­kom­pe­ten­zen gern kritisch begleiten möchten, nehmen wir gerne Erfahrungsberichte – positive sowie negative entgegen (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).

Quellen/zum Weiterlesen: