Zum 23. Juli 2015 trat das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Versorgungsstärkungsgesetz, VSG) in Kraft – mit einigen Änderungen gegenüber der ursprünglichen Vorlage.
Grenze zur Praxisstilllegung
Die Grenze zur Praxisstilllegung wurde auf einen „Überversorgungsgrad“ von 140 Prozent angehoben. Allerdings bleibt es weiterhin so, dass eine Praxisstilllegung nur mit Mehrheit in den Zulassungsausschüssen beschlossen werden kann und dass etwa 4.500 Psychotherapie-Sitze von einer Stilllegung bedroht sind.
Einführung von Terminservicestellen
Ferner ist die Einführung von Terminservicestellen vorgesehen. Auch Psychotherapeuten werden von dieser Regelung betroffen sein – allerdings nicht von Anfang an, sondern erst, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Regelungen für die neu einzuführenden psychotherapeutischen Sprechstunden beschlossen hat. In den Kassenärztlichen Vereinigungen (Kven) wird mit den Arbeiten an der Umsetzung schon begonnen. Die meisten KVen setzen dabei voraussichtlich auf eine Mischlösung aus Online-Terminvergabe und Callcenter-Lösung.
Leistungsmengenbegrenzung bei Jobsharing
Interessant ist eine weitere Sonderregelung für den Bereich Psychotherapie: So wurde für alle Arztgruppen beschlossen, die Leistungsmengenbegrenzung beim Jobsharing mindestens bis zum Fachgruppendurchschnitt anzuheben. Der Gesetzgeber hat den G-BA aufgefordert, für die Psychotherapie sogar eine Steigerung über den Fachgruppendurchschnitt hinaus zuzulassen. Ob das bedeutet, dass die Leistungsmengenbegrenzung für die Psychotherapie ganz wegfällt, lässt sich erst nach Vorliegen des G-BA-Beschlusses sagen. So vorteilhaft die Sonderregelung für die Jobharing-Praxen ist, so sehr ist zu kritisieren, dass keinerlei Bestimmung für eine sicherlich notwendige Erhöhung des Honorartopfes vorgegeben wird. Der VPP fordert, dass die Krankenkassen den durch die Ausweitung der Jobsharing-Leistungen entstehenden finanziellen Mehrbedarf – auch im Bereich der budgetierten Nicht-Antragsleistungen – in voller Höhe übernehmen.
Medizinische Versorgungszentren
Neue Kooperationsmöglichkeiten eröffnet die Regelung, dass Medizinische Versorgungszentren zukünftig auch innerhalb einer Fachgruppe möglich sind. Das bedeutet, dass rein psychotherapeutische Versorgungszentren möglich sind, die darüber hinaus von einem Psychologischen Psychotherapeuten oder einem Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten geleitet werden können.
Befugniserweiterungen
Kritisch zu sehen sind die möglichen Befugniserweiterungen für Psychologische Psychotherapeuten, die bereits auf den heftigen Widerstand einiger Ärztevertreter stießen. So dürfen Psychologische Psychotherapeuten zukünftig Krankenhauseinweisungen vornehmen sowie Krankentransporte und Leistungen der psychotherapeutischen Rehabilitation verordnen. So positiv diese Regelung für die Aufwertung des Berufsstandes sein mag, so viele Fragen zu notwendigen Qualifikationsanforderungen und vor allem zur Finanzierung der neuen Leistungen wirft sie auf.
Vertreterversammlungen
Die Regelungen zur Sektionierung der KV-Vertreterversammlungen in einen haus- und einen fachärztlichen Teil finden nur auf Bundesebene, also für die Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Anwendung. In den regionalen KVen bleibt es bei den bisherigen Bestimmungen. Nicht verändert wurde auch die Begrenzung der VV-Mitglieder für den Bereich „Psychologische Psychotherapeuten/Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten“ auf zehn Prozent. Die vom VPP seit langem geforderte Aufhebung dieser Obergrenze wird leider von anderen Psychotherapeutenverbänden nicht mit Nachdruck unterstützt – und hat daher wohl auch keine Chance auf Berücksichtigung beim Gesetzgeber.
Claus Gieseke