Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Kassenpraxen: Verpflichtende Terminvergabe an die Terminservicestellen (TSS)

Schnell-schnell statt Heilbehandlung? Darf´s ein Patient mehr sein? Psychotherapeutische Versorgungsprobleme in Deutschland sind nicht neu. Seit dem Inkrafttreten des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) 2019 werden diese auch auf die Psychotherapeutenschaft „abgewälzt“.

In einem Brief Anfang Januar 2022 fordert die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen die niedergelassenen Psychotherapeutinnen und -therapeuten in Leipzig dazu auf, der Terminservicestelle regelmäßig Einzeltermine für Sprechstunde, Probatorik und Akutbehandlung zu melden. Unser Mitglied Dr. Claudia Appel vor Ort kritisiert dieses Vorgehen und wandte sich mit Bitte um Unterstützung an uns. Regelmäßige Sprechstundentermine zur Verfügung zu stellen, gut und schön; ob die Terminservicestelle oder sie selbst sie vergeben, sei letztlich unerheblich. Aber eine Verpflichtung zu Probatorik und Akutbehandlung widerspreche ihrem fachlichen Grundverständnis, so Appel. Probatorik sollte man nur bei verfügbarem Therapieplatz anbieten. Und für eine Akutbehandlung wäre erst einmal die Indikation zu klären. Schließlich ließe man die Klientel „im Regen stehen“, bliebe es bei Einzelterminen ohne Folgetermine.

Der Vorstand des VPP hatte bereits 2019 zu solcherlei fragwürdigen Versuchen von KVen, Versorgungsprobleme zu lösen, Stellung bezogen und die KVen gebeten, sinnvolle Regularien zu treffen. Als „Positivbeispiel“ lenkte die KV Nordrhein ein: Realisiert eine Praxis nach TSS-Terminierung z. B. eine Akuttherapie, muss ein neuer Termin von der Praxis erst nach der Beendigung der „TSS-Behandlung“ bereitgestellt werden. Im Falle von Mitglied Dr. Appel haben wir die KV Sachsen nochmals angeschrieben.

Unsere „Empfehlung“

Nach Beurteilung unseres Justiziars können KVen unter dem gesetzlichen Druck des TSVG zu derartigen Maßnahmen greifen. Kassenpraxen müssen also versuchen, Regularien nachzukommen , z. B. in Abständen einen freiwerdenden Therapieplatz, einen Akutbehandlungsplatz bzw. eine Probatorik der TSS zu melden und dies zu dokumentieren. Dies gilt gerade für „umsatzschwächere“ Praxen, die die verpflichtende Mindestsprechstundenanzahl nur knapp erfüllen.

Auch bitten wir kassenzugelassene Kolleginnen und Kollegen, an den Mitgliederversammlungen ihrer zuständigen KVen teilzunehmen und „unsinnige“ Regelungen anzusprechen - um im Dialog mit den KVen bessere Regelungen zu erwirken (siehe Einlenken der KV Nordrhein).

Bei besonderen Problemen im Umgang mit der Terminvermittlungspraxis der jeweiligen KVen bitten wir Sie, uns zu informieren, und wir bieten unseren Mitgliedern Unterstützung an.

Für den VPP-Vorstand

31.01.2022

Susanne Berwanger