Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Bericht vom PiA-Politik-Treffen

Bericht vom 16. PiA-Politik-Treffen am 29.09.2019 in Frankfurt

Am vergangenen Sonntag lud ein freier Zusammenschluss von Verbänden und Organisationen zum 16. Mal zum PiA-Politik-Treffen (PPT) ein. Das Motto war: „Was wird die Norm nach der Reform? Info. Vernetzung. Aktion.“ wobei den Veranstaltenden bei der Planung des Treffens nicht bewusst war, wie aktuell diese Frage sein würde. Für den VPP/BDP waren Johanna Thünker, Sarah-Ines Meudt, Paul Goesmann und Alexander Rubenbauer – allesamt Mitglieder der PiA AG - vor Ort.

Grußwort der Kammerpräsidentin
Heike Winter, Präsidentin der Psychotherapeutenkammer machte bereits in ihrem Grußwort deutlich, dass mit der Verabschiedung des PsychThGAusbRefG ein großer Schritt gemacht wurde. Sie stellte die neu gewonnen Vorteile für PiA heraus, machte aber auch deutlich, dass noch viel zu tun sei. Die Kammern stünden in den Startlöchern, um die Weiterbildungen vorzubereiten.

Stand der Reform und Forderungen-Check
Katharina von Bronswijk und Katharina Simons, beide Mitglieder des Orga-Teams, stellten in einem ersten Vortrag den Verlauf der Reform im Zeitraffer sowie die Beschlüsse des Bundestages vor. In einem anschließenden „Forderungscheck“ glichen Sie die Ergebnisse mit den Forderungen des PiA-Politik-Treffens zum Kabinettsentwurf ab. Es wurde deutlich: Dass das Gesetz verabschiedet wurde, bietet eine gute Grundlage für eine bessere Situation der zukünftigen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung (PiW), da diese zukünftig die gesamte Ausbildung über sozialversicherungspflichtig angestellt sein werden. Allerdings ist die Lösung für die PiA, 1000€ zu bekommen aber keine Klärung des Status zu bekommen ebenso unzureichend, wie die Finanzierung der ambulanten Weiterbildung für PiW. Auch die zahlreichen Omnibusgesetze wurden vorgestellt und sorgten bei Vortragenden wie dem Plenum für Irritation.

Partner des PiA-Politik-Treffens
Traditionell stellten die Partner des PiA-Politik-Treffens ihre Aktivitäten vor, das sind die Bundeskonferenz-PiA (BuKo), die Dienstleistungsgesellschaft ver.di und die Psychologie Fachschaften-Konferenz (PsyFaKo). Mechthild Leidl, BuKo-Sprecherin und Mitglied des Orga-Teams erklärt, wie die PiA auf Instituts-, Landes- und Bundesebene organisiert sind und wo man sich einbringen kann. Sie berichtete, dass die BuKo als beratendes Gremium der BPtK mittlerweile häufig Gehör finde. Kerstin Sude, ebenfalls Mitglied des Orga-Team und aktiv bei ver.di stellt die Aktivitäten der Gewerkschaft für den Berufsstand darf und rief auf, sich aktiv zu beteiligen. Fabian Hess von der PsyFaKo stellte die Aktivitäten der Studierenden vor, der größte Erfolg war die Petition für gute Übergangsregelungen im Frühjahr mit über 50.000 Unterschriften. Man wolle weiter eng mit dem PPT zusammenarbeiten.

PiA-Studie (Nübling et al., 2019)
Ariadne Sartorius aus dem Orga-Team stellte in einem kurzen Vortrag erste Ergebnisse der PiA-Studie 2019 von Nübling et al. vor, die ernüchternde Ergebnisse enthielt. Beispielsweise sind während der praktischen Tätigkeit bundesweit im Schnitt nur 40% der PiA berufshaftpflichtversichert und nur 70% sozialversichert. Auch in der praktischen Ausbildung sieht es nicht viel besser aus, im Durchschnitt werden zwar 37,7€ pro Therapiesitzung an die Ausbildungsteilnehmenden ausgezahlt,  nicht selten müssen davon aber auch noch Kosten wie Supervision gezahlt werden. Die Folien zum Vortrag werden in Kürze auf der Website des PPT erscheinen.

Psychologists and Psychotherapists for Future
Katharina von Bronswijk, ebenfalls Sprecherin der Bewegung Psychologists and psychotherapists for future stellte die Arbeit der Initiative vor. Sie betonte, dass die Psychologie die Lücke zwischen Wissenschaft und Realität erklären könnte sowie dass wir als Berufsstand Einfluss auf die psychische Gesundheit nehmen könnten. Die Initiative trage zum einen wissenschaftliche Erkenntnisse zusammen, die sie auch auf ihrer Website veröffentlichen. Zum anderen verfolgen sie Fürsorgeaspekte für die Gesellschaft im Allgemeinen und die Kinder und Jugendlichen der Fridays for Future Bewegung insbesondere. Man besuche regelmäßig deren Veranstaltungen, sei zum Teil sprachlos über das hohe Maß der Parentifizierung und die Anfeindungen, denen diese z.T. noch Kinder auf sozialen Netzwerken über sich ergehen lassen müssen. Das PPT beschloss, die Stellungnahme zu unterstützen.

Situation für die Institute
Nach einer kurzen Pause stellte Armin Lux (Arbeitsgemeinschaft für Verhaltensmodifikation, AVM) die Konsequenzen für die Ausbildungsinstitute vor. Er machte deutlich, dass man vieles noch nicht wisse, beispielsweise sei noch ungeklärt, ob über die Ambulanzen hinaus auch die Institute selbst Bestandsschutz hätten und ob es weiterhin eine Weiterbildung „aus einer Hand“ geben soll. Klar scheint zu sein, dass die Ausbildung 5 Jahre umfassen werde, er gehe nicht davon aus, dass sich das Theorie-Curriculum wesentlich verändere. Ausführlich ein ging er auf die Finanzierung der ambulanten Weiterbildung und rechnete vor: Wenn man von einem Gehalt auf TV-öD 13 Niveau ausgeht (was ca. 2900€ netto bedeuten würde), dann müssten PiW 32 Wochenstunden Therapie anbieten (32*40% der 100€, die sie mit einer Sitzung derzeit maximal erwirtschaften können*4 Wochen/Monat), bei 50% wären es „nur“ 25 Wochenstunden, allerdings würde es für das Institut dann schon knapp, davon die Kosten für Miete, Ausstattung, IT, Nebenkosten, Personal, Versicherungen und Steuern zu decken. Theoriekosten seien in dieser Rechnung schon enthalten, Urlaub und Erkrankung allerdings noch nicht, und vor allem keine Supervision, dadurch würden bei 32 Therapiesitzungen pro Woche und einer Supervisionsstunde pro 5 Therapieeinheiten allerdings ein neben einem zusätzlichen Arbeitsaufwand von mind. 6h/Woche auch ca. 1500€ Kosten/Monat auf die PiW zukommen. Und das bedeutete bei unschaffbaren Arbeitsbedingungen wieder ein geringes Gehalt. Ferner deutete er noch an, dass die Struktur, auch dass plötzlich die PiW viel mehr Stunden ableisten müssten als die PiA bisher, viele kleinere Institute an ihre Grenzen bringen werde.

Musterweiterbildungsordnung
Als Vertreterin der BPtK war Dr. Andrea Benecke vor Ort. Sie berichtete, dass voraussichtlich 2022 bereits erste Absolventinnen und Absolventen eine psychotherapeutische Weiterbildung beginnen wollten und dass deshalb der Zeitplan eng ist, eine Musterweiterbildungsordnung (MWBO) zu erstellen. Man sei aber bereits mit Vorbereitungen beschäftigt, habe Arbeitsgruppen und Unterarbeitsgruppen besetzt und stelle sich dieser Aufgabe. Die Eckpunkte der MWBO sind: altersgruppenspezifische Fachgebiete mit Vertiefung in einem Richtlinienverfahren, es könne weitere Gebiete geben, aktuell ist hier die klinische Neuropsychologie im Gespräch. Die Weiterbildung soll, angelehnt an die ärztliche Facharztausbildung fünf Jahre umfassen. Die Vereinbarkeit der Weiterbildung mit Familie und wissenschaftlicher Weiterqualifikation soll gegeben sein. Anfang 2021 soll das DPT die MWBO verabschieden, sodass die Landespsychotherapeutenkammern dann bis 2022 ihre spezifischen Weiterbildungsordnungen verabschieden können, das sei je nach Landesrecht unterschiedlich ambitioniert.

Workshops
Am Nachmittag wurden insgesamt vier Workshop-Gruppen gebildet. Ein Workshop beschäftige sich mit Fragen der Psychiatrie-Personalverordnung. Katharina Simons leitete diese Gruppe und stellte die Situation vor, in der Gruppe wurde erörtert, wie man sich gut einsetzen könnte und das Orga-Team beauftragt, hier beispielsweise mit Briefen an den G-BA auf die Situation und die Forderungen von PiA aufmerksam zu machen.
Ein zweiter Workshop beschäftigte sich mit den Auswirkungen des Gesetzes für KJP. Die Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten hatten im Vorfeld gefordert, dass ihre Approbation gleichwertig mit der „neuen“ Approbation werde und sie damit die Möglichkeit hätten, die Weiterbildung für Erwachsene machen zu können. Dieses Anliegen wurde nicht umgesetzt, was zu einer allgemeinen „Lähmung“ aller Beteiligten führte. Man wolle aber prüfen, ob es hier noch Möglichkeiten gäbe.
Eine dritte Gruppe hat sich mit den „Omnibusgesetzen“ im Allgemeinen und der Abschaffung des Gutachtersystems im speziellen beschäftigt. Auch wenn viele PiA das Schreiben der Berichte an den Gutachter nicht schätzen und dafür viel Zeit verwendet werden muss, so war es aber zum einen ein Instrument der Qualitätssicherung, zum anderen gab eine durch einen Gutachter oder eine Gutachterin bewilligte Therapie auch einen Schutz vor potentiellen Regressforderungen.
Die letzte Gruppe hat sich mit der Reaktion des PPT auf den Beschluss des Bundestages beschäftigt. Es bestand mehrheitlich die Meinung, dass ein Aufhalten des Gesetzes im Bundesrat aus verschiedenen Gründen kontraproduktiv werde. Dennoch will das PPT in einer Abschlussbewertung zusammen mit der PsyFaKo deutlich machen, wo „rote Linien“ überschritten wurden. Es soll die Möglichkeit geben, diese Stellungnahme über soziale Medien zu teilen und zu zeichnen. Außerdem wolle man an „kleinen Lösungen“ arbeiten, wo noch Handlungsbedarf besteht.
Es war insgesamt ein produktiver Tag mit viel Informationsgewinn und Austausch.

Johanna Thünker und Paul Goesmann