Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Bericht: Auftakt-Veranstaltung des IMPP zur Entwicklung eines kompetenzorientierten Gegenstandskatalogs

02.07.2019, Mainz

Das Institut für medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) lud am 02.07.2019 nicht nur Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sondern auch Vertreterinnen und Vertreter von angrenzenden Berufsgruppen zu einer Auftaktveranstaltung ein. Ziel des gemeinsamen Projektes soll es sein, die Prüfungsfragen und –aufgaben für die Appro­bationsprüfungen zukünftig kompetenzorientierter zu gestalten. Es soll also nicht mehr bloß geprüft werden, welches Wissen „vorne hineingeschüttet wurde“ (Input), sondern welche Wissens- und Handlungskompetenzen „hinten herauskommen“ (Outcome).
Prof. Dr. med. Jana Jünger, Direktorin des IMPP führte in die Veranstaltung ein und informierte die Teilnehmenden, dass das IMPP nur einen Auftrag für die Prüfungsfragen nach geltendem Recht hätten, also für die jetzige Approbationsprüfung am Ende der postgradualen Ausbildung. Die zukünftigen Veränderungen sollten aber schon mitgedacht werden, zum einen wird das Niveau von Wissen und Kompetenzen sich verschieben, weil die die Prüfung zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt werden wird, zum anderen wird es voraussichtlich in Zukunft (auch) mündliche und praktische Prüfungen geben, statt der aktuell durchgeführten schriftlichen Prüfung. Dies auseinanderzuhalten war im Verlauf der Veranstaltung nicht immer leicht und führte wiederholt zu Verwirrung.
Im Verlauf des Vormittages wurden zunächst einige Impulsvorträge gehalten. Dr. Nikolaus Melcop (BPtK) berichtete von den bisherigen Bemühungen der Bundeskammer: Bereits vor zehn Jahren sei eine Beschreibung des Berufsbildes konkretisiert worden. 2014 sei ein Kompetenzkatalog Gegenstand der Beratungen des Deutschen Psychotherapeutentages gewesen. Die Inhalte lägen weitreichend dem heutigen Gesetzentwurf zugrunde. Er betonte, dass im Projekt Transition alle gut eingebunden seien inkl. der Hochschulen und äußerte im Verlauf des Tages seine Verwunderung, warum hier nun wieder „von vorne“ angefangen werden sollte.
Stephanie Hild-Steimecke (DPtV), frisch approbierte Psychotherapeutin, thematisierte die Frage „Sind wir fit für den Beruf“ und skizzierte eine Reihe von Themen, die der gegenwärtigen psychotherapeutischen Ausbildung nicht hinreichend thematisiert würden. Dazu gehörten unter anderem medizinisches Schnittstellenwissen (z.B. Wie interpretiere ich die Blutwerte richtig?), Methodenvielfalt, Gender- und Diversitätsaspekte sowie Schnittstellen zwischen stationärer und ambulanter Versorgung. Sie bekam aus dem Plenum einerseits  großen Zuspruch, es wurden aber auch von Instituts- und Hochschulseiten Stimmen laut, die eine höhere Eigenverantwortung von Studierenden und Ausbildungskandidatinnen und –kandidaten forderten. Es wurde herausgestellt, dass es offenbar engagierte/gute und weniger engagierte Institute gebe.
PD Dr. med. Christian Brünahl (IMPP) thematisierte in seinem Vortrag eine interprofessionelle Ausbildung. Studien zeigten, dass die Abstimmung der an der Versorgung Beteiligten häufig nicht ausreiche. Er skizzierte den „Masterplan Medizinstudium 2020“, in dem u.a. gemeinsame Lehrveranstaltungen geplant wären und stellte das Projekt von sog. Ausbildungsstationen vor. Dort arbeiteten angehende Ärztinnen und Ärzte mit angehenden Pflegekräfte gemeinsam lediglich unter Aufsicht und Supervision von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen. Das Konzept schaffe Probleme der Hierarchien ab, die Patientenzufriedenheit sei ebenfalls gut.
Prof. Jünger gab zunächst einen historischen Abriss, zentrale Prüfungen und zu deren Umsetzung das IMPP wurden 1972 eingeführt – als Folge der Proteste in den 1960er Damals wiesen Studierende auf die Ungleichbehandlung insbesondere in mündlichen Prüfungen hin, forderten Vergleichbarkeit und Transparenz. Die Grundlage bildete ein Staatsvertrag, der das Institut damit beauftrage, Prüfungsfragen zu entwickeln, deren Auswertung durchzuführen, aber auch einen Beitrag zu leisten zur angewandten Prüfungsforschung sowie die obersten Gesundheitsbehörden über für Reformen des Prüfungswesens relevante Ergebnisse zu unterrichten. Die beiden letztgenannten Punkte wurden seit den 1990ern allerdings nicht mehr gelebt. Das wolle man nun ändern. Sie ging auch auf die konkrete Arbeit ein, das erste Ziel seien Absolventenprofile. Auf dieser Basis sollten Kompetenzen, Teilkompetenzen und Lernziele entwickelt werden. Aktuelle Entwicklungen sollten dabei ebenso einbezogen werden, wie bereits vorhandenes Material. Ein multiprofessioneller Diskurs sei gewünscht.  
Am Rande der Vorträge wurden auch verschiedene berufspolitische Themen wiederholt andiskutiert. So wurde die Frage in den Raum gestellt, ob die Herkunft der Psychotherapie nicht doch durch den Zusatz „psychologisch“ bzw. „ärztlich“ gekennzeichnet bleiben sollte. Während einerseits das Misstrauen zwischen den Grundberufen deutlich wurde, wurde andererseits aber auch für eine bessere Abstimmung der verschiedenen Weiterbildungen geworben.  Die hohe Prüfungslast durch Master- und Approbationsprüfung wurde kritisiert und die Frage in den Raum gestellt, in wie weit ein und derselbe Inhalt zweimal geprüft werden dürfte. Frau Prof. Jünger erläuterte, dass es bei der Approbationsprüfung mehr um Transferwissen gehe.
Am Nachmittag wurde den Teilnehmenden in verschiedenen Workshops die konkrete Arbeit an einem kompetenzorientierten Gegenstandskatalog verdeutlicht. Den Teilnehmenden wurde schnell bewusst, dass es neben der inhaltlichen Wichtigkeit der jeweiligen Themen auch um die präzise Darstellung, die Eindeutigkeit und Verständlichkeit sowie Prüfbarkeit ankommt. Sehr genau müsse entschieden werden, bei welchen Kompetenzen es sich um allgemeine Kompetenzen einer jeden angehenden Psychotherapeutin / eines jeden Psychotherapeuten handelt, und was fachkundespezifisch ist. Auch Begrifflichkeiten müssten eindeutig verwendet werden, für viele Begriffe könnte und sollte man da auf die Definitionen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zurückgreifen. Nicht zuletzt ist der Einsatz der richtigen Verben von Bedeutung, schließlich macht es einen Unterschied, ob man eine Interventionstechnik benennen, erklären oder gar anwenden kann. Letztlich sind dann noch verschiedene Dimensionen zu unterscheiden, so z.B. die der Gesprächsführung und Gestalt der therapeutischen Beziehung und die der störungsspezifischen Kompetenzen.
Da die Zeit schon sehr fortgeschritten war, wurde am Ende nur noch ein knapper Überblick über den weiteren Zeitplan gegeben. Bis Ende 2020 soll der Prozess andauern, ca. halbjährig wolle man sich in der großen Gruppe treffen. In ca. 24 Arbeitsgruppen sollen die einzelnen Themen bearbeitet werden, dazu seien ca. 3-4 Präsenztreffen nötig, der Rest der Arbeit verlaufe über eine Online-Plattform. Die anfallenden Reisekosten übernehmen nach Möglichkeit die entsendenden Organisationen, PiA und Studierende bekommen die Kosten vom IMPP erstattet. Weitere Expertinnen und Experten, die Lust haben, sich am Prozess zu beteiligen, sind erwünscht.

Johanna Thünker