Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Sicherheit für Gewaltopfer

Der VPP unterstützt die Initiative von S.I.G.N.A.L. e.V. und BIG e.V. zur Aufhebung der ärztlichen Mitteilungspflicht an Krankenkassen bei häuslicher und sexueller Gewalt an Frauen.

Hintergrund der Initiative

Im Jahr 2013 griff die Bundesregierung eine Empfehlung des Runden Tisches „Sexueller Missbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen“ auf und änderte den § 294a Abs.1, S.2 SGB V: Damit wurde die Mitteilungspflicht von Ärzten und Therapeuten gegenüber den Krankenkassen in Fällen von Misshandlung, Vernachlässigung und sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen abgeschafft. Mit der Änderung trug der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass sich eine Mitteilung an die Krankenkassen und die sich daran anschließenden Schritte gegen den oder die Verursacher negativ auf den Behandlungserfolg auswirken können.

Auch erwachsene Opfer durch Mitteilungspflicht zusätzlich gefährdet

Die Mitteilungspflicht in Fällen häuslicher Gewalt gegen Erwachsene besteht bis heute. Doch auch erwachsene Opfer von Gewalt in nahen sozialen Beziehungen befinden sich aufgrund der Nähe zur gewaltausübenden Person in einer Konflikt- und Gefährdungssituation. Die bestehende Mitteilungspflicht und die Regressforderung der Krankenkasse gegenüber der gewaltausübenden Person wirken sich nicht nur negativ auf den Behandlungserfolg aus, sondern können Betroffene in massive Gefährdungssituationen bringen.

Schweigepflicht als Basis einer Therapie

Auch mit Blick auf die ohnehin geringe Mitteilungs- und Anzeigebereitschaft von Opfern häuslicher Gewalt ist es für Ärzte und Therapeuten von höchster Bedeutung Informationen über häusliche Gewalterfahrungen vertraulich behandeln zu können. Erst diese Zusicherung (Schweigepflicht) ermöglicht es vielen Betroffenen, über Gewalterfahrungen und aktuelle Gefährdungen zu sprechen und Versorgungsangebote in Anspruch zu nehmen. Nicht verkannt werden sollte, dass das Ziel einer Therapie auch sein kann, das Opfer in die Lage zu versetzen, sich aus einer bestehenden Gewaltbeziehung zu lösen und den Täter anzuzeigen.

Auch Erwachsene von Mitteilungspflicht ausnehmen

Zukünftig sollten auch Erwachsene, die Opfer häuslicher Gewalt wurden, von der Mitteilungspflicht an die Krankenkassen ausgenommen sein. Einzubeziehen sind dabei auch ältere, pflege- oder assistenzbedürftige Menschen, die von Familienangehörigen gepflegt und durch diese misshandelt werden sowie Menschen mit Behinderungen, die im institutionellen Kontext durch Mitarbeiter oder andere Bewohner misshandelt werden. Die Regresspflicht nach §294a Abs. 1 SGB V soll mit dieser Änderung nicht in Frage gestellt werden, denn sie ist wichtig, um Täter für ihr Handeln in Verantwortung zu nehmen. Sie darf jedoch nicht auf Kosten der Gesundheitsversorgung, Unterstützung und Sicherheit der Opfer erfolgen.