Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

VPP informiert: Gesprächskreis II (GK-II) am 12.06.2021

Am 12.06.2021 trafen sich Vertreterinnen und Vertreter von 26 Psychotherapieverbänden erneut im virtuell um Gesprächskreis II. Die Sitzungsleitung hatte diesmal die Deutsche Psychotherapeutenvereinigung (DPtV). Die Tagesordnung war wie gewohnt umfangreich. Im Zentrum stand der Austausch zu zentralen berufspolitischen Themen: kurzfristige Änderungsanträge im Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG), Klimaschutz, Qualitätssicherung in der ambulanten Psychotherapie, Unterstützung von Kindern in und nach der Pandemie sowie Telematik und Datenschutz. 

Rasterpsychotherapie

Gebhard Hentschel (Vorsitzender der DPtV) stellt den Änderungsantrag 49 im Gesetzentwurf zum GVWG vor (Der Gemeinsame Bundesausschuss prüft bis zum 31. Dezember 2022 unter Berücksichtigung der Versorgung nach Absatz 6b, wie die Versorgung von psychisch kranken Versicherten bedarfsgerecht und schweregradorientiert sichergestellt werden kann), bekannt unter dem Stichwort „Rasterpsychotherapie“. Über 200 Tsd. Menschen haben die Petition unterzeichnet, die ein Mitglied der deutschen Depressionsliga initiiert hatte. Wie viele andere Verbände auch, hat der VPP gemeinsam mit dem BDP öffentlich Stellung bezogen und auch die Petition unterstützt.

Das Vorgehen der Bundesregierung, „still und heimlich“ in laufende Gesetzesprozesse Regulationen die ambulante Psychotherapie betreffend einzupflegen, wird verbändeübergreifend heftig kritisiert. Das Vorgehen sei ein systematisch geplanter Prozess, um Psychotherapie als Kostenfaktor zu begrenzen. Dazu gehörten auch die Abschaffung des Gutachterverfahren und die Implementierung anderer Qualitätssicherungsinstrumente, die Zuschläge für Kurzzeittherapie sowie der Einrichtung der Komplexrichtlinie, als Vehikel zu den Regulierungsbestrebungen angesehen wird. Der finanzielle Druck der Krankenkassen sei nicht zu unterschätzen. Es muss verbändeseitig u.a. auf den Erhalt von Antragsverfahren und Kontingente hingewirkt werden. Vorwürfe, wie: Wir würden nur einfache Erkrankungen behandeln, sind sachlich nicht richtig. Die Meinungen darüber, ob wir den Beweis dafür bereits hinlänglich erbracht haben, gehen auseinander. Susanne Berwanger schlug eine groß angelegte Befragung vor. Einigkeit besteht darüber, dass die Bedarfsplanung unzureichend ist.

Es wird dafür geworben, als Gegenstrategie gegen das absichtsvolle Vorgehen des Bundesgesundheitsministers vermehrt in den Medien präsent zu sein. Dazu gehören auch Beiträge in Social Media. Eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Koordinierung von politischer und Öffentlichkeitsarbeit zwischen den Treffen beschäftigen soll, wurde gegründet. Der VPP wird von Dr. Johanna Thünker und stellvertretend von Susanne Berwanger vertreten sein.

Psychotherapieausbildung

Es kommt zu verschiedenen Kommentaren zur beschlossenen Musterweiterbildungsordnung (MWBO). Während Gebhard Hentschel die verabschiedeten Regelungen begrüßt, bemängeln Vertreter der tiefenpsychologischen sowie humanistischen Verfahren, dass Inhalte nicht ausreichend verfahrensübergreifend seien. Oliver Kunz (DGVT) äußert sich ebenfalls weniger zufrieden und wirbt dafür, aus Fehlern der ärztlichen Ausbildung zu lernen und diese auszumerzen. Dr. Johanna Thünker spricht sich dafür aus, Redundanzen zum Studium zu vermeiden, Koordination der Ausbildung zu ermöglichen und die Finanzierung nicht auszuhöhlen. Auch weitere Verbände bemängeln die Unklarheiten zur Finanzierung, v.a. was die Gehälter von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung (PIAs) und in Weiterbildung (PIWs) angeht. Thünker betont, dass Positionen zu herabgestuften Tarifgehältern nicht eingenommen werden sollten.

Das PiA-Politik-Treffen war wieder mit Gast-Status vertreten. Mechthild Leidl, die zugleich Sprecherin der Bundeskonferenz PiA ist, betont die schwierige finanzielle Situation der PiA sowie die sehr unterschiedliche Behandlung in den Kammern (Vollstimmberechtigte bis kein Stimmrecht). Aus Sicht der PiA soll ein Mitspracherecht eingeräumt bleiben bzw. werden – bei PIWs sei dies vorgesehen.

Rainer Knappe von der Arbeitsgemeinschaft Verhaltensmodifikation (AVM) eröffnet die Diskussion zum Änderungsantrag 28 im GVWG bzgl. des §117 SGB V. Bereits 2019 wollte man die 1000€-Regel schon für ambulante Ausbildung regeln, scheiterte damit aber am Widerstand der CDU, als Kompromiss wurde 40%-Regelung eingeführt, bei der aber wissentlich nicht eindeutig geregelt wurde, was das konkret bedeutete. Nun liege ein Änderungsantrag vor, dessen Beschluss bedeuten würde, dass  40 Prozent vom EBM bezahlt würde, die Formulierung „angemessene Vergütung fiele weg, Kassen müssen nicht mehr verhandeln, außerdem sei die  Verknüpfung mit der Weiterbildung zukünftigen Weiterbildung widersinnig. Es scheint offensichtlich: Unter CDU-Führung wird es nicht mehr Geld für PiA geben.

„Kinder brauchen mehr“ (Thema: FolgenCorona-Pandemie)

Unter Federführung des Bundesverbandes der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) führten mehreren Verbänden gemeinsam am 24.03.2021 ein online-Symposium zum Thema durch. Leider waren keine Vertretungen der betreffenden Bundesministerien vertreten. Es wird diskutiert, auf welche Art und Weise Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mehr in den öffentlichen und politischen Fokus gerückt werden können. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verfügen hier über ausgewiesene Expertise und sollten dieses Thema aktiv vorantreiben. Auch hierzu wird eine AG gegründet, an der der VPP sich beteiligen wird.

Klimaschutz

Katharina Simons von „Psychologists for Future“ (P4F) berichtet aus der Klima-AG, an der für den VPP Gunter Nittel teilnimmt. Die AG habe sich vier Mal getroffen und einen Folgeresolutionsvorschlag nach der Resolution von 2020 erarbeitet. Die Resolutionsvorlage wird diskutiert. Es gibt einen Änderungsvorschlag bzgl. der Benennung von menschlichen “Verdrängungsvorgängen” zum Thema. Nach einer Wortmeldung von Susanne Berwanger, VPP, wurde beschlossen, eine alternative Formulierung für das Wort Verdrängung zu suchen. Berwanger  hielt fest, dass das Wort Verdrängung umgangssprachlich negativ konnotiert ist und im Rahmen der Diskussion zu einer früheren P4F-Resolution (auf einer Delegiertenkonferenz des BDP) das Wort Verdrängung als zu verfahrensbezogen und sehr kritisch moniert wurde. Die Formulierung “Verdrängung” könne demzufolge “Zustimmungseinbußen” verursachen. Der neue Benennungsvorschlag wird erarbeitet und der neue Resolutionsentwurf wird nach dem Treffen im Umlaufverfahren abgestimmt.

Qualitätssicherung in der ambulanten Psychotherapie

Ulrike Böker (bvvp), berichtet aus der AG, in der für den VPP Johanna Thünker mitarbeitet. Sowohl die Krankenkassen als auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) befürworten aktuell eher das alte Antrags- und Gutachterverfahren, welches qua Psychotherapieausbildungsreformgesetz 2022 abgeschafft werden soll. Dieser Termin kann aller Voraussicht nicht eingehalten werden. Auch andere Facharztgruppen (Gefäßchirurgie, Nephrologie) berichten kritisch über die praktische Umsetzung neuer Qualitätssicherungsverfahren Es gäbe eine gute Zusammenarbeit mit KBV. Auch die Sorge um ein Benchmarking wurde hier weitergegeben. Es soll eine Machbarkeitsstudie bzgl. geforderter Qualitätssicherungskriterien durchgeführt werden. Erste Ergebnisse von Patientenbefragungen durch das beauftragte Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IGTIG) sind auf Homepage des Gemeinsamen Bundesausschusses einzusehen. Georg Schäfer, DGPT, kritisiert ergänzend, dass formale QS-Kriterien und keine inhaltlichen gewählt werden.

Datenschutz Bericht

Susanne Bewanger berichtet aus der AG Datenschutz zu den Inhalten des Termines mit dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) bzw. dessen Abteilungsleiter Dr. Heyn sowie den Referent:innen Frau Möhring und Herrn Peter. Es gab eine gute kooperative Vororganisation in der AG Datenschutz und es wurden die folgenden Fragen definiert: Was wird mit den Daten der ePA Datenspende? Wie sieht das BfDI die Regelung nach § 68 Abrechnungsdatennutzung der KKs bei Nutzung einer kassenfinanzierten DiGA? Datenschutz bei Smartphones durch das Herunterladen der DiGA im App Store? Gefahr der Aufhebung der Freiwilligkeit der ePA? Datenschutz, wenn hochprivate DiGA Daten in der ePA gespeichert werden können? (Siehe hierzu unseren Artikel zum Thema im report 2021 und hier auf der Homepage).

Susanne Berwanger weist auf die Problematik mit § 345 SGBV hin: Krankenkassen erhalten hier die Berechtigung auf ePA-Daten zuzugreifen, wenn Versicherte eine Anwendung oder  kassenfinanzierte DiGA nutzen und dem Zugriff zustimmen. Da verschiedene Kassen „Kombiprodukte“ (ePA plus DiGA) anbieten und die Vertragsinformationen bzw. Nutzungsinformationen zur ePA sehr umfangreiche Dokumente von mind. 12 Seiten Länge sein werden, ist hier davon auszugehen, dass viele Versicherten „einfach“ zustimmen und somit hfg. ein Zugriff der Krankenkassen auf ePA-Daten möglich werden kann.  Die ePA muss auch autonom - ohne Verknüpfung mit anderen Anwendungen der KKs  angeboten werden, fordert Berwanger. Darüber hinaus  sollte für die ePA eine Beratungsleistung (EBM Ziffer) in Bezug auf Datenpflege ePA ermöglicht werden, um Datenschutz durch Datensparsamkeit zu ermöglichen. Nur medizinisch und psychotherapeutisch sinnvolle Daten sollten in der ePA gespeichert bleiben.

Zukünftige Organisationen mit Gaststatus

Die Organisationen Unit e.V., Psychologists for Future sowie das PIA-Politik-Treffen sollen einen dauerhaften Gast-Status erhalten. Hierzu muss die bisherige GK-II Verfahrensordnung angepasst werden. Traditionell erfolgt der endgültiger Beschluss über das Umlaufverfahren, das erhobene Meinungsbild war aber mit 24 Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und einer Enthaltung recht eindeutig.

Anträge auf Mitgliedschaft

Der Ethikverein e.V. hat einen Antrag auf Mitgliedschaft im GK-II gestellt. Der verhältnismäßig kleine Verein ermöglicht u.a. eine anonyme Beratung für Psychotherapie-Patientinnen und -Patienten. Die formalen Kriterien sind erfüllt. In einigen Wortmelden wird deutlich gemacht, dass dieser Verband gerade im Kinder- und Jugendbereich wichtig sei, da hier beide sorgeberechtigten Eltern zustimmen müssten bei einer Beschwerdeeinreichung bei der Kammer und dies bei hochstrittigen Eltern schwierig sei. Für den Antrag gab es eine breite Zustimmung.

Ein weiterer Antrag wurde behandelt, da hier Fragen offen blieben, werden Vertreterinnen und Vertreter des Verbandes zur nächsten Sitzung eingeladen.

Susanne Berwanger und Johanna Thünker, Vorstand VPP im BDP