Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

Psychotherapeutenhonorare: Jetzt sind die Koalitionsparteien in der Pflicht

Am 11. Oktober hat das Bundessozialgericht die zugelassenen Psychotherapeuten honorarmäßig abgehängt. Die Beschlüsse des Bewertungsausschusses vom 22.9.15 seien grundsätzlich rechtmäßig.

Zwar hat das Bundessozialgericht die Klagen der Psychotherapeuten nicht gänzlich abgelehnt, sondern zurückverwiesen. Die wesentliche Ungerechtigkeit in der Systematik der Strukturzuschläge hat das Gericht aber offenbar für rechtmäßig gehalten. Wie üblich müssen zunächst die Begründung des BSG und dann die erneute Entscheidung der Gerichte, an die zurückverwiesen wird, abgewartet werden. Es geht aber leider nicht mehr um wesentliche Änderungen und es wird dann vermutlich nur geringfügige Honorarnachzahlungen geben.

Hier der Terminsbericht des BSG:
„Die Revisionen waren sämtlich teilweise begründet und führten zur Verpflichtung der beklagten KÄV, über die Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen in den Quartalen I/2013 bis II/2013 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Nicht zu beanstanden sind die strukturellen Entscheidungen im Beschluss vom 22.9.2015, die empirischen Personalkosten in die Bewertung der Gebührenordnungspositionen der psychotherapeutischen Leistungen einzubeziehen und die darüber hinausgehenden normativen Personalkosten mit einer Strukturpauschale abzugelten. Auch bei dieser Konstruktion ist gewährleistet, dass ein voll ausgelasteter Psychotherapeut über sein Honorar die Kosten für eine Hilfskraft mit einer halben Stelle erhält. Der Senat sieht die Punktzahlgrenzen für die Abrechnung der Zuschlagsziffern als rechtmäßig an, insbesondere stellen sie keine ungerechtfertigte Bevorzugung der Praxen mit hälftigem Versorgungsauftrag dar. Soweit von der Zuschlagsregelung Anreize ausgehen, den vorhandenen Versorgungsauftrag tatsächlich auszufüllen, ist dies sachgerecht.

Korrekturbedarf besteht hinsichtlich der Ermittlung des Einkommens der Vergleichsgruppe. Der Senat hat klargestellt, dass eine Bereinigung der Vergleichserträge keine sachlich prägenden Leistungen erfassen darf. Vom Umfang her ist eine Leistung immer dann bereits prägend, wenn aus ihr 5% des Durchschnittshonorars der Fachgruppe generiert wird. Die Bereinigung um nicht prägende Leistungen darf darüber hinaus nicht mehr als 5% des Gesamthonorars ausmachen. Diese Grenze wurde im Beschluss des BewA nicht vollständig beachtet. Geringfügiger Änderungsbedarf besteht auch bei der Festsetzung der normativen Personalkosten, deren Datengrundlage sich durch Tariferhöhungen zum 1.4.2012 geändert hatten.

Die Quotierung der Vergütung der nicht genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen sowie der außerhalb der MGV vereinbarten Zuschläge ist entgegen der Auffassung des SG nicht zu beanstanden. Insoweit hat der Senat die Klage abgewiesen.“

Kommentar: Das System verlangt zwar (richtigerweise) Kompetenzen und Pflichten der Psychotherapeuten auf Facharztniveau, eine Honorierung auf ansatzweise vergleichbarem Niveau unterbleibt aber. Jetzt erst recht ist der Gesetzgeber in der Pflicht. Eine dezidierte Vorgabe für die angemessene Honorierung durch gesetzliche Regelung gehört endlich in den Koalitionsvertrag und dann in das SGB V. Alles andere ist nicht haltbar.

Jan Frederichs
(Justitiar)