Nachdem 2018 das Thema GOÄ-Reform im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD eine eher weiche Formulierung gefunden hat („die Gebührenordnung der Privaten Krankenversicherung (GOÄ) muss reformiert werden“), war zu befürchten, dass sich hier nicht so viel wird bewegen lassen. Das wäre frustrierend, sind die Gebührensätze doch mindestens 20 Jahre nicht mehr verändert worden und damit kaum noch kostendeckend. Nachdem die jahrelange Reform schon einige Rückschläge erlebt hat, ruht das Thema aber trotzdem nicht und man trifft sich seit Juni erneut. Zwar werden Informationen weitgehend vertraulich behandelt aber zu hören ist gleichwohl, dass man in einer Reform schon deutlich voranschreiten könnte. Seitens der PKV wird ein Abschluss in der laufenden (regulären) Legislaturperiode für möglich gehalten.
So scheint zumindest der „Leistungskatalog“ weitgehend zu stehen und aktuell scheint es bereits auch Übereinstimmungen zwischen den beiden Verhandlungspartnern in Teilen der Leistungsbewertung zu geben. Die Verhandlungen werden auf Behandlerseite wesentlich von der Ärzteschaft geführt aber die BPtK ist auch beteiligt. Insgesamt darf man wohl vorsichtig optimistisch sein, denn im Grundtenor soll „die sprechende Medizin“ gefördert werden und das betrifft auch die Psychotherapie.
Allerdings hat am 22.8.18 das BMG eine Wissenschaftliche Kommission für ein modernes Vergütungssystem beauftragt, bis Ende 2019 einen Bericht über die Modernisierung des Gebührensystems zu erstellen. Das betrifft sowohl GOÄ, als auch den EBM. Vor diesem Hintergrund bleibt noch offen, wohin Übereinstimmungen zwischen PKV und Ärzteschaft führen werden. Scheint mit der Beauftragung der wissenschaftlichen Kommission eher das Ziel verfolgt zu werden, eine Vereinheitlichung der beiden bisherigen Gebührensysteme anzubahnen, könnten die lange miteinander ringenden Verhandlungspartner, insbesondere die PKV ob dieser Bedrohung konsensbereiter für eine GOÄ-Reform sein. Offensichtlich bleibt das weitere Geschehen ein Politikum zwischen den Koalitionspartnern.
Abrechnungstipp: höhere GOÄ/GOP-Gebühren
§ 5 Abs.2 der GOÄ, der entsprechend auch für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gilt, ermöglicht in ständiger Rechtsprechung, regelmäßig und ohne Notwendigkeit einer konkreten Begründung den 2,3-fachen Satz abzurechnen. Das ist also als Standard bekannt. Man kann aber auch darüber hinausgehen, muss aber einige einfache Dinge beachten.
1) Man kann das Honorar für die Heilbehandlung nicht völlig frei vereinbaren, die GOÄ ist ein zwingendes Gesetz, das gemäß § 2 Satz 1 „nur“ die Vereinbarung eines höheren Steigerungssatzes zulässt. Man ist also an den Leistungskatalog gebunden, kann also z.B. nicht einfach Probatoriksitzungen und Diagnostik zu einem Pauschalpreis anbieten. Der Steigerungssatz kann aber prinzipiell beliebig erhöht werden, das kann klassisch ein 2,7-facher oder 3,5-facher Satz sein, das kann aber theoretisch auch z.B. ein 3,431-facher Satz sein, um für eine VT-Einzelsitzung (GOÄ 870) auf runde 150 € zu kommen.
2) Eine solche abweichende Vereinbarung muss vorab in einem persönlichen Gespräch vereinbart und in einem Schriftstück getroffen werden. Außerdem muss über die Folge, dass diese erhöhten Kosten nicht von Versicherungen oder anderen Kostenträgern erstattet werden, in Textform informiert werden, mithin auch über die Höhe der Kosten, die auf die Patientin oder den Patienten zukommen. Einer Krankenversicherung kann gleichwohl die Honorarrechnung eingereicht werden, sie erstattet versicherungsvertragsgemäß dann nur anteilig. Bisweilen mag es im Trialog auch gelingen, dass die Krankenversicherung schon vorher signalisiert, sie werde auch über den 2,3-fachen Satz hinausgehend Kosten erstatten. Aber prinzipiell bleibt einzige/r Schuldner/in die/der Patient/in.
3) Nicht zu verwechseln: Auch ohne Vereinbarung kann ausnahmsweise der Steigerungssatz bis zum 3,5-fachen Satz erhöht werden. Aber erstens muss das spätestens in der Rechnung für den Einzelfall begründet werden und zweitens ist es ethisch ratsam, die Patienten / den Patienten vorab darüber zu informieren, dass es Schwierigkeiten mit der Kostenerstattung geben kann, wenn und weil die private Krankenversicherung die Begründung nicht akzeptiert. Halbwegs anerkannt ist z.B. eine krisenbedingt deutlich über die Mindestgrenze von 50 Minuten hinausgehende Dauer einer Sitzung.
4) Damit eine kostenerstattende Krankenversicherung die Honorarrechnung versteht, ist es ratsam, in einer Rechnung bei einer privaten Vereinbarung bei der Benennung des erhöhten Steigerungssatzes auf eben diese Vereinbarung hinzuweisen, denn sonst moniert sie aus Unkenntnis, dass für die Steigerung keine konkrete Begründung genannt worden ist; das führt nur zu unnötigen Missverständnissen und Schriftwechsel.