Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.

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Psychisch Erkrankte in Angst ums Krankengeld

Psychisch kranke gesetzlich Versicherte fühlen sich mitunter von ihrer Krankenkasse unter Druck gesetzt, trotz Krankschreibung arbeiten zu gehen. Dies geht aus dem Jahresbericht „Monitor Patientenberatung 2014“ der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) hervor.

Der jährlich erscheinende Bericht der UPD fasst zusammen, mit welchen Problemen und Sorgen sich Patienten an den Dienst wenden und liefert damit Hinweise auf Problemlagen im Gesundheitssystem. Wichtiges Thema im betrachteten Zeitraum waren die Ansprüche der Patienten gegenüber Kostenträgern des Gesundheitswesens, wobei sich die meisten Beratungen dieses Schwerpunkts mit Krankengeld und stationärer Rehabilitation beschäftigten. Auffällig bei beiden Themen: Unter den erfassten Diagnosen dominieren die psychischen Erkrankungen.

Das Thema Krankengeld wird im Bericht als „besonders angstbesetzt“ beschrieben: Die Regelungen seien intransparent – mitunter auch für die behandelnden Ärzte – und eine Ablehnung eines (weiteren) Bezugs von Krankengeld könne für die Betroffenen fatale Folgen haben. Hinzu komme das teilweise intensive Krankengeld-Fallmanagement der Krankenkassen mit – oftmals durch externe Firmen durchgeführten – regelmäßigen Telefonanrufen und teils sehr intimen Fragen zur persönlichen Situation und zur Therapie, das zu weiterer Verunsicherung führe. Die Ratsuchenden fühlten sich oft durch ihre Krankenkassen unter Druck gesetzt, trotz Krankschreibung schnell wieder arbeiten zu gehen.

„Ein unhaltbarer Zustand“, kommentiert Marcus Rautenberg, Bundesvorsitzender des Verbands Psychologischer Psychotherapeuten (VPP). „Die Patienten befinden sich in einer äußerst verletzlichen Lage und benötigen ihre Kraft, um wieder gesund zu werden. Sie zusätzlich mit der Angst um ihren Lebensunterhalt zu belasten und unter Druck zu setzen, ist unverantwortlich.“

In einer Situation, in der immer noch Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz von mehr als drei Monaten an der Tagesordnung seien, sollten die Kassen ihren Fokus auf die Etablierung einer besseren Versorgung legen, statt die eigenen Versicherten unter Druck zu setzen: Denn vor allem durch eine schnelle und fachgerechte Versorgung ließen sich eine lange Krankheitsdauer und eine Chronifizierung der Beschwerden vermeiden.
Zudem seien – für alle Parteien – klare und durchsichtige Regelungen anzustreben, um unnötige Ängste und Verunsicherungen zu verhindern.

„Einsparungen beim Krankengeld auf Kosten der Versicherten anzustreben, spricht auf jeden Fall nicht für ein weitsichtiges und patientenorientiertes Vorgehen der Kassen“, betont der VPP-Vorsitzende Rautenberg.

 

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Psychotherapie braucht verlässliche Rahmenbedingungen

Resolution der Herbst-VertreterInnenversammlung des VPP im BDP zum Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz vom Juni 2014 und den Vorschlägen zum Zwangsabbau von Praxen.

Psychotherapie erfordert stabile therapeutische Beziehungen und verlässliche Rahmenbedingungen, um wirksam sein zu können. Dabei ist die für die Behandlung der Störung ausreichend zur Verfügung gestellte Zeit ein entscheidender Faktor. Eine generelle Therapieverkürzung hat keinen Sinn: Ohnehin benötigen zwei Drittel aller Psychotherapien weniger als 30 Sitzungen.

Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Bundesländer hat sich im Juni 2014 mit der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung beschäftigt und einstimmig ein Positionspapier verabschiedet. Der VPP im BDP begrüßt, dass sich die GMK für die Einbeziehung weiterer psychotherapeutischer Methoden in den Leistungskatalog der GKV einsetzt. Ebenso ist zu begrüßen, dass auch der Ausschluss bestimmter Krankheitsbilder von der psychotherapeutischen Behandlung überprüft werden soll.

Weitere Forderungen der GMK sind aus fachlicher Sicht jedoch ausgesprochen fragwürdig. So stellt insbesondere die Forderung, für Langzeittherapien zukünftig ein Begutachtungsverfahren einzuführen, das nicht als „reines Aktenverfahren“ ausgestaltet wird, eine unter Umständen unzumutbare zusätzliche Belastung für psychisch Kranke dar. Es ist zu befürchten, dass sich die Patienten unter erheblichem Rechtfertigungszwang fühlen werden, wenn sie zur Überprüfung der Notwendigkeit der Fortführung ihrer Psychotherapie bei einem Gutachter vorstellig werden müssen. Behandlungsverläufe würden dadurch verkompliziert und könnten massiv gestört werden.
Auch die Forderung nach der gestaffelten Vergütung der Psychotherapie in Abhängigkeit von der Behandlungsdauer lehnt der VPP im BDP ab. Dadurch würden monetäre Anreize für möglicherweise nicht ausreichende Kurztherapien gesetzt. Das wäre unverantwortlich gegenüber den Patienten.

Der Mangel an ambulanten psychotherapeutischen Behandlungskapazitäten lässt sich nicht durch eine Beschneidung der Kontingente für die einzelnen Patienten wirksam abbauen, sondern nur durch die Bereitstellung ausreichender Mittel für die Behandlung psychischer Störungen. Den vom Bundesgesetzgeber geplanten Zwangsaufkauf von Praxissitzen in sogenannten „überversorgten“ Gebieten lehnt der VPP als völlig falschen Schritt ab. Dringend erforderlich ist eine Reform der Bedarfsplanung, die sich am tatsächlichen Bedarf für die psychotherapeutische Versorgung orientiert, damit bundesweit die notwendigen ambulanten Psychotherapieplätze zur Verfügung stehen.

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Stellungnahme zum KBV-Positionspapier zum Koalitionsvertrag

Der VPP im BDP begrüßt das Positionspapier zum Koalitionsvertrag, das die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) am 21. März 2014 beschlossen hat.

Behandlungsqualität statt Kostendämpfung

Aus Sicht der Psychotherapeuten ist der Grundsatz „Statt reine Kostendämpfung zu betreiben, soll die Behandlungsqualität gefördert und Anreize gesetzt werden, um die Versorgungsstrukturen stärker den Bedürfnissen der Patienten anzupassen“ nur zu unterstützen: Sind doch – besonders die psychotherapeutische Versorgung betreffend – im Koalitionsvertrag Tendenzen erkennbar, die eine Verschlechterung der Versorgung für die Patienten befürchten lassen. Der VPP äußerte sich dazu in einer Pressemitteilung: www.vpp.org/meldungen/14/140217_pm.html .

Flexiblere Versorgung

Der VPP begrüßt das Eintreten der KBV für die Freiberuflichkeit von Ärzten und Psychotherapeuten und die Diagnose- und Therapiefreiheit sowie die freie Arzt- und Psychotherapeutenwahl der Patienten. Insbesondere erfreulich ist die Forderung nach Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung, indem in einem gestuften Versorgungsmodell die Möglichkeiten geschaffen werden sollen, Patienten flexibler im Rahmen einer Akutversorgung und Rezidivprophylaxe behandeln zu können. In Bezug auf die Weiterentwicklung der Psychotherapie-Richtlinie spricht sich die KBV für eine Entbürokratisierung aus: durch Entfall des zweiten Bewilligungsschritts bei der Langzeittherapie in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie und der Verhaltenstherapie. Damit würde das Gutachterverfahren als Qualitätssicherungsmaßnahme erhalten bleiben, aber die Antragstellung für die Psychotherapeuten erleichtert werden.

Differenzierte Betrachtung der Versorgungsverhältnisse

Die im KBV-Papier geforderte „differenzierte Betrachtung der Versorgungsverhältnisse“ ist im Bereich der Psychotherapie dringend erforderlich – und seitens des VPP bereits mehrfach angemahnt worden. „Die differenzierte Betrachtung und Bewertung der regionalen und lokalen Versorgungsverhältnisse wird immer wichtiger. Denn die Methode, Aussagen zur Unter- beziehungsweise Überversorgung allein durch eine Gegenüberstellung der altersgewichteten Bevölkerungszahl zur Zahl der Ärzte zu treffen, wie dies bislang praktiziert wurde, ist in vielen Fällen nicht zielführend.“ Noch weniger zielführend ist es – wie im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung geschehen –, einen Stichtag – in diesem Falle den 31. August 1999 – zu wählen und die an diesem Tag zugelassenen Behandler zum Soll zu erklären! In diesem Zusammenhang begrüßt der VPP, dass die KBV die Soll-Bestimmung zum Aufkauf von Arzt- und Psychotherapeutenpraxen in sogenannten überversorgten Regionen ablehnt.

Überprüfung der Disparitäten in der Vergütung

Der VPP unterstützt die Forderung nach einer ungeteilten Kassenärztlichen Vereinigung (KV), in der die Interessen der Ärzte und Psychotherapeuten gemeinschaftlich vertreten werden – und gleichberechtigt sind. Eine Aufteilung in eine Facharzt- und Hausarzt-KV würde das KV-System gegenüber der Politik und den Krankenkassen insgesamt schwächen. Und die Vertretung der Psychotherapeuten, die derzeit einen Anteil von zehn Prozent in den Vertreterversammlungen ausmachen, wäre völlig ungeklärt. „Disparitäten in der Vergütung zwischen den Fachgruppen bedürfen der ständigen Überprüfung. Dies schließt auch EBM-Anpassungen ein.“ Dies ist aus Sicht der Psychotherapeuten nur wünschenswert – und wird vom VPP in Zukunft weiter angemahnt werden: Denn die Psychotherapeuten sind bezüglich des Einkommens aus KV-Honoraren seit Jahren die Schlusslichter unter den Arztgruppen.

Diskussion um die Ausbildungsreform

Die KBV äußert sich auch zur Weiterentwicklung der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Das ist ihr gutes Recht, sind Psychotherapeuten doch Teil des Versorgungssystems, das die KBV mitorganisiert und mitverantwortet. Diese erklärt sich als „offen für eine Diskussion über eine Direktausbildung, also ein Vollzeitstudium mit Approbation und anschließender fünfjähriger Weiterbildung“. Ob die Direktausbildung allerdings das Mittel der Wahl ist, und ob mit der Direktausbildung die beste Qualität der Psychotherapeutenausbildung zu erreichen ist, wird innerhalb der Psychotherapeutenschaft derzeit heiß diskutiert. Das im Jahr 2009 vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebene „Forschungsgutachten zur Ausbildung von Psychologischen PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen“ bescheinigte der bisherigen postgradualen Ausbildung eine hohe Qualität. Diese darf auf keinen Fall aufs Spiel gesetzt werden.

Eva-Maria Schweitzer-Köhn

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Gegen die Streichung psychotherapeutischer Praxissitze

Der VPP im BDP wendet sich entschieden gegen einen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), der zu einer Streichung neu geplanter Praxissitze vor allem in Ostdeutschland führen könnte.

In Deutschland warten Menschen, die unter einer psychischen Erkrankung leiden, durchschnittlich drei Monate auf ein Erstgespräch bei einem Psychotherapeuten. Besonders in den ländlichen Regionen im Osten Deutschlands sind die Wartezeiten hoch. Aus diesem Grund war geplant, in diesen Gebieten in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mehr Psychotherapeuten zuzulassen. Ausgeschrieben sind in Ostdeutschland derzeit insgesamt 237,5 zusätzliche Praxissitze.

Ein Beschluss des G-BA vom 17. April 2014 fordert nun jedoch die Einbeziehung der psychiatrischen Institutsambulanzen in die Bedarfsplanung. Diese Einrichtungen in Krankenhäusern haben die Funktion, psychisch kranke Menschen zu behandeln, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung nicht ausreichend in ambulanten Praxen versorgt werden können. Folglich handelt es sich vor allem um Angebote der Krisenintervention, Erhaltungstherapie, Psychoedukation und des Fallmanagements. Richtlinienpsychotherapie im eigentlichen Sinne spielt in den psychiatrischen Institutsambulanzen eine untergeordnete Rolle. In die Bedarfsplanung sollen nach Ansicht des G-BA zwei psychiatrische Institutsambulanzen wie eine psychotherapeutische Praxis eingehen. Nach Schätzungen der Bundespsychotherapeutenkammer würde dies eine Streichung etwa jedes fünften neu ausgeschrieben Praxissitzes bedeuten.

„Durch die vom G-BA vorgeschlagene Regelung würden psychotherapeutische Praxissitze verlorengehen – und damit wertvolle Behandlungskapazitäten, die nicht nur dringend erforderlich sind, sondern auch von den betreffenden Institutsambulanzen nicht ausgeglichen werden können“, erklärt der Bundesvorsitzende des VPP im BDP, Marcus Rautenberg. „Ambulanzen in Krankenhäusern wenden sich an grundsätzlich andere Patientengruppen und können mit ihrem Angebot keine psychotherapeutischen Praxen ersetzen.“ Entsprechend wendet sich der VPP im BDP entschieden gegen die Planungen des G-BA und fordert das Bundesministerium für Gesundheit, das den Beschluss derzeit prüft, auf, diesen zu beanstanden.

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Die Krankenkasse muss entscheiden – und zwar fristgerecht

Leistungsanträge von Patienten an ihre Krankenkasse – wie etwa Anträge auf Kostenerstattung für Psychotherapie bei langen Wartezeiten – gelten nach Angabe des Bundesministeriums für Gesundheit ohne weitere Prüfung als genehmigt, wenn sie nicht innerhalb von höchstens fünf Wochen von der Krankenkasse entschieden worden sind oder eine Darlegung hinreichender Verzögerungsgründe gegenüber dem Antragsteller erfolgte. So sieht es eine neue Regelung des im Jahr 2013 in Kraft getretenen Patientenrechtegesetzes vor. Der VPP berichtete über die verbindliche Entscheidungsfrist für Krankenkassen bereits in seinem Beitrag vom 7. Mai 2013.

Das Sozialgerichts Dessau-Roßlau hat in einem Urteil vom 18. Dezember 2013 (Aktenzeichen S 21 KR 282/13) entsprechend entschieden. Das kürzlich veröffentlichte Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In dem zu entscheidenden Fall erreichte ein gesetzlich Krankenversicherter die Versorgung mit einer neuen Kniegelenksprothese, ohne dass seine Krankenkasse die Notwendigkeit der Neuversorgung geprüft hatte. Er berief sich darauf, dass sein Antrag nicht fristgerecht bearbeitet worden war. Das Sozialgericht gab ihm Recht.
Die fiktive Genehmigung dürfe zudem nicht – anders als ein fehlerhafter Bescheid – zurückgenommen werden.

Marcus Rautenberg
Bundesvorsitzender des VPP im BDP